Donnerstag, März 03, 2005

Was für Leute verfassen Rezensionen im Internet? Eine Danksagung.



Diese Frage wurde im Freundeskreis schon oft diskutiert. Ich gebe zu: Ich selber verfasse auch Rezensionen beim größten deutschen Internetbuchhändler. Dies hat reine Publicitygründe.

Aber, was sind das für Menschen, die meist anonym Bücher und CDs, mit denen sie offensichtlich intelektuell überfordert waren, mit Dreck bewerfen? Andererseits gibt es auch Fans, die zweifelhafte Erzeugnisse wie Daniel Küblböcks Ergüsse in den höchsten Tönen loben. Nun, im Internet darf jeder seine Meinung kundtun; und das meistens kostenlos. Es sind wahrscheinlich dieselben Leute, die bei Umfragen auf den Videotextseiten an Abstimmungen teilnehmen wie "Soll Schröder weg?". Endlich will mal jemand ihre Meinung wissen. Und da sie dafür 50 Cent zahlen, weiß der Betrachter, dass er ein repräsentatives Meinungsbild erhalten hat. 325 der ´dümmsten Deutschen wollen, dass Schröder abdankt, 275 der dümmsten wollen, dass er bleibt. Wirklich interessant.

Ich habe mir auch schon oft überlegt, kostenpflichtige Polls auf meiner HP zu implementieren. Für 1 Euro pro Stimme (ist ein Premiumprodukt) könnt Ihr Eure Meinung bekunden, ob alle Gänseblümchen in Deutschland vernichtet werden sollen, ob Digitaluhren abgeschafft werden sollen, oder Blut wirklich dicker als Wasser ist. Interessiert mich wirklich. :-)

Doch ich schweife ab. Lustig fand ich folgene Rezension zu unserem Buch Schafe & Killer:

Weder cool noch unterhaltsam sonder einfach nur schlecht, 30. Januar 2005

Geärgert habe ich mich, dass ich auf die vielen positiven Bewertungen gehört habe. Gibt es tatsächlich Leser, die dieses Buch cool oder unterhaltsam finden? Ich jedenfalls mag keinen "Helden" der ein unsympatischer Kotzbrocken ist und stolz beschreibt, wie eine Prise Koks seine sexuelle Leistungsfähigkeit steigert, während er mit einer ehemaligen Mandatin schläft. Geradezu ekelerrekend fand ich die Stelle, als ein Gast von ihm von einen Killer erschossen wurde, der dachte, er hätte unseren "Helden" vor der Flinte. Die verspitze Hirnmasse lässt unseren "Helden" natürlich vollkommen kalt (ein Polizist kotzt sich beim Anblick des Opfers die Seele aus dem Leib) und er denkt nur daran, dass er seine Bibliothek teilweise von der rosagrauen Masse reinigen muss. Das alles wird aber noch getoppt durch die absolute Unfähigkeit unseres "Helden". Er ist so dämlich, dass er einem von ihm erprügelten Geständnis glaubt und seiner Auftraggeberin erzählt, ihr Sohn wäre der Haupttäter, was zur Folge hat, dass Sohnemann von der anfangs fälschlicherweise Verdächtigten umgebracht wird. Dabei hat der Herr Detektiv ein Video in Händen, welches zeigt, dass der Sohn unschuldig ist. Auf die Idee, 'mal einen Blick auf das Video zu werfen, kommt unser Superheld aber nicht. Und diese Pfeife von Dektiktiv beschreibt großkotzig, wie er, um etwas für seine Bildung zu tun, den Tractatus logico-philosophicus von Wittgenstein liest. Da hätte er wohl lieber einige Agatha Christie Romane lesen sollen. Wenn er dann noch am Ende des Buches volltrunken durch die Gegend torkelt und seiner Angebeteten entgegenlallt "Isch liebe Disch!" und beide dann in einen langen intensiven Kuss versinken, kann ich nur sagen: gut dass dieser Mist nur 163 Seiten hatte.

Was könnte dies für ein Mensch sein?

Der erste Satz verrät, dass er sich auf die Ansichten anderer Leute verlässt. Okay, würde ich als Kandidat bei "Wer wird Millionär" bei Gebrauch des Publikusjokes auch machen. Ansonsten verstehe ich aus Bewertungen schon herauszulesen, ob mir ein Buch, Film oder eine CD gefällt. Erhält ein Film eine vernichtende Bewertung mit dem Kommentar "Dünnes Drehbuch mit fulminanten Actionszenen", weiß ich, dass ein schöner Kinoabend garantiert ist. Ich mag aber auch andere Filme, um Misverständnissen vorzubeugen. Fazit: Wer zunächst unkritisch die Meinung anderer adaptiert, ist selber schuld.

Im zweiten Satz verrät er einiges über seine Persönlichkeitsstruktur: Der Detektiv ist ein Kotzbrocken, weil er seine sexuelle Leistungsfähigkeit mit Hilfe von Kokain beim Geschlechtsakt mit éiner ehemaligen Mandantin steigert. Ich lass mal offen, ob der R. das inhaltlich so ganz verstanden hat. Jedenfalls scheint Steigerung der sexuellen Leistungsfähigkeit, Sex an sich, Sex mit einer früheren Kundin verwerflich zu sein. Was ist das für ein Weltbild? Leben wir Erwachsene in einer Schlumpfwelt ohne Geschlechtsteile? Der Rezesent anscheinend. Der freudsche Verschreiber Dektitiv sagt einiges über die verquere Gedankenwelt des Verfassers aus.

Der Rest der Kritik legt seine offene Antipathie für Nannen dar. Ist sein gutes Recht. Ich mag persönlich den Oskar aus der Belchtrommel ebensowenig. Ich würde ihn aber nicht als "Kotzbrocken", "Pfeife" oder "Großkotz" beleidigen. Aber vielleicht war es die Absicht des Autoren, eine Figur genauso wie sie ist zu designen.

Eine Rezension über einen Berndorf.-Roman verrät noch mehr:

Ich war mehr als einmal versucht, das Buch in die Ecke zu legen und nicht weiter zu lesen. Dies liegt daran, dass im Mittelpunkt der Geschichte ein Bundeswehrdepot steht und der Autor, Jacques Berndorf, die Geschichte dafür verwendet, seine Ressentiments gegenüber der Bundeswehr zum Ausdruck zu bringen. Tja, und da ich selbst einmal für 15 Monate Wehrpflichtiger war, fühlte ich mich erstaunlicher weise öfters angegriffen. Denn immer wieder werden die Soldaten als saufende, leicht debile Schläger dargestellt, die faschistoidem Gedankengut nicht abgeneigt sind. Und so habe zumindest ich die Bundeswehr nicht kennen gelernt. Dennoch "kriegt der Autor die Kurve" und es erschien letztendlich glaubhaft, die Soldaten so darzustellen.

Aha. Bücher sind Angriffe auf die Persönlichkeit des Verfassers. Sagt das nicht alles? Allerdings halte ich es für gut, dass auch solchen Personen, die Möglichkeit gegeben wird, ihre Meinung kundzutun. Ob für 50 Cent pro Vote bei SAT1 oder kostenlos bei Amazon. Die Verkaufsplatzierung von Schafe & Killer schnellte bei Erscheinen der Rezension sofort um 1000 Plätze nach oben. Danke, danke, danke.

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