Montag, September 16, 2013

Das rote Manifest der Fußballfreunde von Stephanie Ristig-Bresser




Prolog.

Michael: „Mit unserem 96-Buch und unseren Lesungen liefern wir einen Rundumschlag zu den Roten. Eigentlich ist doch jetzt alles gesagt, oder?"

Steffi: „Erstens gibt´s ja hier auf unserem Blog ständig was Neues und zweitens ist das überhaupt erst der Anfang von allem.“

Michael: „Was kann denn jetzt noch kommen…?“

Steffi: „Michael, denk mal mit. Der Ball ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. Wir schreiben ein Manifest! Ein rotes Manifest der Fußballfreunde von uns Roten. Aus Hannover für die ganze Fußballwelt! Frei nach Ernst Reuter können wir dann sagen: Fußballfreunde dieser Welt, schaut auf diese Stadt!!!“

Prolog Ende.


Okay, ein Manifest soll es werden. Ein rotes Manifest für unsere Roten. Aus alter roter Liebe heraus geschrieben. Wie beginnt man ein Manifest? Am besten mit einem Zitat von großen Menschen, die viele Menschen bewegten. Wie wär´s mit Tocotronic? Na bitte, wir sind so frei:

„Ich möchte Teil einer neuen Fußball-Bewegung sein.“
(Wort-Variation nach Tocotronic)

Die Faszination Fußball bewegt allwöchentlich und jedes Wochenende Millionen Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt – in den Stadien, auf den Bolzplätzen, beim Public Viewing, vor den heimischen Bildschirmen, unterwegs auf den Mobilgeräten. Während Politik viele kalt lässt, während Pastoren in leeren Kirchen predigen, ist Fußball in aller Munde – an den Stammtischen, beim Kaffeeklatsch, bei Business-Meetings, in den Soziale Netzwerken. Beim Fußball leben wir unsere Begeisterung aus, liegen uns in den Armen, trocknen unsere Tränen, feiern Siege, betrauern Niederlagen.

Gemeinsam geteilte Begeisterung erzeugt eine unglaubliche Kraft, einer Magie gleich, die Wunder vollbringen kann, die aus uns ein Wir macht. Damit können wir unsere Mannschaft zum Sieg tragen, werden zum Wir für unseren Verein – der Profi wie der Funktionär, der Fan wie der Journalist, der Sponsor wie der Vereins-Mitarbeiter. Lasst uns alle gut miteinander umgehen. Respektvoll. Jeder von uns hat seine Rolle und ist wichtig. Nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, führen wir unseren Verein zum Erfolg.

Liebe Fußballprofis, Helden und Hoffnungsträger,

Chapeau, ihr habt es geschafft und habt Eure Leidenschaft für den Sport zum Beruf gemacht – nicht nur mit Eurem Talent, sondern oft auf einem disziplinierten, hart erkämpften Weg. Toll, dass Ihr das gemeistert! Ihr steht im Rampenlicht, seid die Aushängeschilder des Vereins, seid unsere Vorbilder. Die Energie und Euphorie von uns Fans, unsere Sehnsüchte und Hoffnungen konzentrieren sich auf Euch. Das tut sicherlich gut, ist aber genauso oft schwer, mit diesen Energien umzugehen. Manch einem steigt das zu Kopf, einem anderen wird der Druck zu groß. Sorgt gut für Euch, schafft Euch Schutzräume, wenn Ihr sie braucht, bleibt Ihr selbst.

Und vergesst dabei nicht: Wir Fans brauchen Euch wir Ihr uns braucht. Deswegen hebt nicht ab, sondern bleibt in Kontakt mit uns. Und nehmt Eure Rolle als Vorbilder wahr: Wenn Ihr keine Gewalt im Stadion wollt, macht uns fairplay vor. Engagiert Euch auch neben dem Platz, sprecht nicht nur für Nutella und Milchschnitten, sondern macht uns auf Themen aufmerksam, denen wir uns als Gesellschaft annehmen müssen. Unsere Augen ruhen auf Euch!       

Liebe Journalisten, mentale Gatekeeper,
ihr erzählt die Geschichten rund um den Fußball, macht Meinungen macht, kreiert Images, baut Helden auf, zerstört Karrieren. Ihr seid mentale Gatekeeper, entscheidet, welche Geschichten sich in den Medien wiederfinden, an den Stammtischen weitergetragen werden, welche Bilder sich in unseren Köpfen einbrennen. Auch das ist eine machtvolle Aufgabe. Geht behutsam mit ihr um, auch wenn Ihr Quote machen müsst, gerade in Zeiten einer sich verändernden Medienwelt. Vergesst niemals, dass Ihr über Menschen schreibt, dass Ihr Geschichten produziert, die Konsequenzen haben.

Bleibt kreativ, seziert und repetiert nicht die ewig gleichen Stories. Schaut auch mal in andere Richtungen, amüsiert und unterhaltet uns gut, zeigt die schillernde Vielfalt, die die Faszination Fußball bereit hält – auch abseits des Platzes, ohne dabei gleich zu Paparazzi zu werden. Erkennt die Grenzen an und erspürt sie, die Privatsphäre, die auch jeder Prominente braucht, um Mensch bleiben zu können – und überschreitet diese Grenzen nicht.

Traut Euch als Meinungsmacher auch dazu, einmal Themen zu setzen, die nicht der vermeintlichen Mainstream-Erwartung eines Fußballfans entsprechen, erzählt Randgeschichten, beschreibt behutsam Typen, die weicher sind als die männlichen, scheinbar unkaputtbaren Bollwerke. Zeigt uns, dass Fußball auch weiblich ist. Dadurch verändern sich die Bilder in unserem Kopf, werden bunter  - und unsere Einstellung toleranter. Fordert uns ruhig! Wir Medienkonsumenten sind vielleicht aufgeschlossener als Ihr denkt.         

Liebe Funktionäre, Jongleure unserer Leidenschaft,

die Ihr den Ball am Laufen haltet, das Unternehmen Fußball UND den Verein zum Erfolg führt. Ihr habt einen verantwortungsvollen Job. In der Profiliga jongliert Ihr mit Millionen. Respekt! Und doch geht es im Unternehmen Fußball nicht nur um Gewinnmaximierung. Vergesst nicht: die heutigen Profiunternehmen sind aus Vereinen entstanden. Vereine werden beseelt durch Menschen, die diesem Verein Leben einhauchen. Einige dieser Seelen haben vielleicht weniger Geld, sie bezahlen dafür aber mit einer anderen Währung: Mit ihrer Leidenschaft, ihrem Engagement, ihrer Kreativität. Für diese besagten Seelen ist der Verein auch ein Stück Heimat. Das soll und muss so bleiben, auch wenn mancher Millionendeal finanziert werden muss. Hier lässt sich sicherlich an anderen Finanzschrauben drehen, nicht unbedingt an allen Ticketpreisen. Wir wünschen Euch ein glückliches Händchen bei dieser Jonglage!  

Liebe Fans, zauberhafte Möglichmacher,

der Schluss geht an uns. Ohne uns, ohne dass wir allwöchentlich die Stadien füllen, in den Kneipen, beim Public Viewing, zu Hause vor den Fernsehschirmen die Fußballspiele verfolgen, gäbe es diesen ganzen Zauber gar nicht. Lasst uns stolz auf uns gemeinsam sein und respektvoll miteinander umgehen! Dabei ist wichtig: Weder der Stadionbesuch, noch der Stehplatz in der Nordkurve, noch der Business-Seat machen uns zum „besseren Fan“. Wir sind gemeinsam und vielfältig für unseren Verein da – der VIP-Karteninhaber wie der Ultra, der Familienvater wie auch der, der nur gelegentlich den Weg ins Stadion findet. Unsere Vielfalt macht uns aus.
Lasst uns unserer Mannschaft treu bleiben – in guten wie in schlechten Zeiten, egal, ob es gerade regnet oder schneit. Gerade in Talsohlen sind wir als zwölfter Mann unglaublich wichtig. Denn wir wissen am besten, wie es geht, unsere Mannschaft zum Sieg zu tragen. Dabei kennt unsere Leidenschaft Grenzen: Niemals  üben wir Gewalt aus oder gefährden andere Menschen.

So, wie wir respektvoll miteinander umgehen, sollten wir auch tolerant mit unseren Profis und Funktionären sein. Auch sie haben mal gute und mal schlechte Tage. Wenn es mal nicht so läuft, sollten wir nicht gleich unsere Kinderstube vergessen. Leidenschaftliche Kritik ist gesund, aber bei all der Leidenschaft dürfen wir nicht vergessen, dass sie sich an Menschen richtet, die wir bewundern und vor denen wir eigentlich großen Respekt haben.

Respekt zollen wir selbstverständlich auch unseren Gegnern. Erstens macht es richtig Spaß, sich (mit einem Augenzwinkern) anzufrotzeln und zweitens braucht es ja Gegner, um sich zu messen und gewinnen zu können. Dabei können wir ruhig leidenschaftlich werden, die Grenze ist aber selbstverständlich bei jedweder Gewalt erreicht.

„Fußball ist nicht alles.“ Und vergessen wir nicht das Drumherum. Jedes Mal, wenn wir einen Gegner zum Heimspiel begrüßen, sind die Fans und die Mannschaft zu Gast in unserer Stadt, unserer Heimat. Lasst uns sie als Gäste begrüßen, vor oder nach dem Spiel einladen, unsere Stadt von ihren besten Seiten zu zeigen. Und wenn wir unsere Mannschaft zu einem Auswärtsspiel begleiten, ist das zugleich eine Einladung, nicht nur das Stadion sondern die vielen anderen Facetten dieser Stadt, deren Gast wir sind, kennen zu lernen.

Schließlich: Ein Fußballspiel setzt eine unglaubliche Energie und Euphorie frei. Wie es wohl wäre, wenn wir ein wenig von dieser Begeisterung in unseren Alltag zu transportieren? Lasst uns also Fußballfeste feiern, leidenschaftlich unsere Mannschaft anfeuern. Lasst uns in den Armen liegen, im Freudentaumel auf den Straßen tanzen, Tränen trocknen, Niederlagen meistern, Siege erringen. Und lasst uns genauso das Leben feiern  wie ein Fußballspiel. Mit all unserer Leidenschaft.  

Montag, Juli 22, 2013

Männchen piss



Im Treppenhaus finde ich mehrere Schalen mit kalten Pommes Frites. Ziemlich ekelhaft. Ich entsorge den Abfall im Hausmüll. Mir fällt nur ein Mitbewohner ein, der diese Sauerei verursacht haben kann. An Horsts Wohnungstür hängt ein Foto des belgischen Männeken Pis. Allerdings ist es mit einem roten Balken durchgestrichen. Darunter steht in Fettschrift BRÜSSELER BÜROKRATEN UNERWÜNSCHT.

Ich versuche, die Tür zu öffnen, aber sie hakt.
»Vorsicht, du Flachpfeife!«, brüllt Horst. »Du zerstörst mein Lager.«

Ich kann hören, wie Horst träge Kartons übers Laminat schiebt. Dabei flucht er wie ein Bierkutscher.
»Verdammter Ökospießer« ist noch das netteste Kompliment. Fünf Minuten später öffnet sich die Tür. Ich tappe durch ein Gang zwischen Kartons bis zu Horsts Sofa.
»Moin, Horst. Meintest du mich mit verschimmelter Vegetarierschlumpf?«
»Nicht, doch. Die Millionen anderer Idioten, die in meine Wohnung wollen.«
Horst öffnet eine Flasche Herri und nimmt einen kräftigen Schluck.
»Sehr charmant. Was willst du mit all den Kartons, willst du umziehen«, frage ich neugierig.

»Willst du umziehen«, äfft mich Horst nach. »Ich bunkere für schlechte Zeiten. Solltest du auch tun, Bresser.«
»Was für schlechte Zeiten denn?«, frage ich ein wenig verwirrt.
»Du kriegst aber auch gar nichts mit. Die Diktatur in Brüssel wird uns schlimmer knechten als Honecker die DDR. Da wette ich Hektoliter an Bier drauf. Na, zumindest eine Flasche.«
»Hast du deshalb die Pommesschalen im Treppenhaus platziert?«
Horst erhebt sich.
»Bresser, diese Technokraten müssen merken, dass sie nicht alles mit uns kleinen Leuten machen können. Wir müssen Zeichen setzen, auch wenn es nur im lokalen Rahmen ist.«
»Worum geht es denn genau?«
Horst fuchtelt mit der Faust vor meiner Nase rum. Ich fühle mich unbehaglich.

»Die verbieten Glühbirnen und Mentholzigaretten. Die haben den Schuss doch nicht gehört, die Pommesfresser in ihrem Europaparlament.«
»Mein lieber Horst, im Europaparlament sitzen Abgeordnete aus allen EU-Ländern, nur der Sitz liegt in Brüssel.«
Horst packt mich am Hemd. »Sind wir heute im Klugscheißmodus, Bresser? Ob Brüssel oder Amsterdam. Belgien bleibt Belgien. Was ändert das an den verheerenden Tatsachen?«
Ich befreie mich und gehe zum Fenster.
»Lauf nur weg. Bald siehst auch du kein Licht in der Dunkelheit. Erklär das nur deinem Sohn. In deiner Haut möchte ich nicht stecken. Ich bin wenigstens nur für mich allein verantwortlich.«
Ich lächele. »Horst, es gibt nur keine herkömmlichen Glühbirnen mehr, dafür viel effizientere Energiesparlampen.«

»Und die sind vergiftet. Lass eine runterfallen, und deine Bude stinkt wie eine Quecksilberfabrik. Und du willst mir was von Ökologie erzählen.«
»Okay, das stimmt schon«, räume ich ein. »Aber kein Grund, Panik zu schieben. Horst, das Leben geht trotz der EU weiter.«
Horst steckt eine Mentholzigarette in Brand.

»Sicher? Helmut Schmidt fegt den Mentholzigarettenmarkt leer, Steinbrück den für Glühbirnen. Die Politiker haben zwar keine Ahnung, wissen aber eher als der Bürger, wenn Gefahr droht.«
»Und du hast eine LKW-Ladung Glühbirnen gekauft. Dann kann ja nichts passieren. Aber was willst du mit Mentholzigaretten. Sowas rauchst du doch eigentlich nicht.«
Horst schnippt den Stummel angewidert in den Ascher. Dann lächelt er, als hätte ihn Jesus persönlich gesegnet.

»Keine Krise ohne Chance. Wenn Helmut Schmidts Vorrat von 35.000 Kippen in einem Jahr aufgebraucht sind, biete ich ihm meine an. Der zahlt auch 100 Euro die Schachtel. Dann sitzen wir hier im Glühbirnenlicht, schnacken, rauchen und planen die Weltrevolution.«
Ich schüttele den Kopf.
»Unser Altkanzler ist nicht gerade als Revolutionär bekannt. Du träumst, Horst.«

»Du bist intellektuell einfacher strukturiert als eine Amöbe, Bresser. Der Schmidt ist ein brillanter Strategie und für eine Schachtel Zichten plant der mir eine bessere Revolution als Castro. Und dann halt dich fest, EU. Prost.«



Donnerstag, Juli 18, 2013

Feinripp-Rap



Als ich das Treppenhaus betrete, dröhnt aus Horsts Butze undefinierbarer Lärm. Springsteen ist das nicht. Ich wandere nach oben und werde von harten Beats empfangen. Ich öffne die Tür.


Horst steht am Fenster, in der Hand ein Megaphon. Er trägt eine Jeans, die ihm in der Kniekehle hängt. Darüber strahlt sein Feinripp-Slip in dreckig gelb. Seine Oberkörper wird von einem Kapuzenpulli mit der Aufschrift »Wedding, äy!« verhüllt. Um den Hals baumelt ein Mercedesstern.
»Du bist ein Fresser, du Penner heißt Bresser, ich fick dich in den Arsch. Yo, Mann. Ich ficke BKA, LKA und USA. Yo, Alta«, textet Horst unbeholfen aber laut.  

»Moin, Horst. Was erzählst du denn da? Ich bin entsetzt.«
Horst geht zum Ghettoblaster und stellt die akustische Umweltverschmutzung ab.
»Du störst, Bresser. Ich trainier für meine neue Karriere.«
»Meinst du es gibt dir jemand Geld dafür, mich zu beleidigen.«
Ich werfe ihm zehn Cent hin.
»Damit du aufhörst«, fauche ich.

»Ruhig, Bresser. Das ist nicht persönlich gemeint. Die ARGE hat einen neuen Psychotest mit mir gemacht. Meine Stärken liegen im musischen Bereich. War mir auch neu, aber die ARGE irrt nie. Gute Chancen hast du beim Rap, meinte mein Fallmanager. Sein Sohn würde diesen Buschdingsbums vergöttern. Von dem hat er mir eine CD gebrannt. Sollte ich mir zur Inspiration anhören.«
»Du weißt, dass Musik kopieren verboten ist. Gerade Bushido hat Leute verklagt, die seine Songs aus dem Internet kostenlos runtergeladen haben.«
Horst schaut erstaunt.

»Wieso Musik? Das ist die Möglichkeit, mit meinem temporären Tourette-Syndrom Geld zu scheffeln. Hat Bushido nicht anders gemacht.«
»Dennoch ist es verboten, Musik zu kopieren.«
Horst steckt sich eine Roth-Händle an.
»Mein Fallmanager hat eine Sicherungskopie gemacht. Willst du Philister uns etwa anschwärzen?«
»Natürlich nicht, du bist doch mein Freund.«
»Nee, bin ich nicht. Dein Nachbar zu sein, reicht mir voll und ganz. Jedenfalls haue ich ein paar Beleidigungen raus und erhalte den Integrations-Bambi von Burda. So mein Plan. Als Rapperkampfnamen habe ich mir Leineficker ausgedacht. Wie findest du den?«

Ich öffne eine Flasche Herri, die ich unter dem Besuchersessel gefunden habe. Das kühle Bier in meiner Kehle fährt den Puls runter.
»Furchtbar. Ich werde deine Machwerke nicht kaufen. Such dir einen anständigen Job.«
Horst erhebt sich und schnaubt vor Wut.
»Was stellt sich der Herr Oberspießer denn vor: Schlagersänger, Banker oder Politiker?«
»Vielleicht etwas Bodenständiges. Unser Biohof sucht immer Fahrer. Du müsstest aber nüchtern bleiben.«

»Biokurier, immer mal was Neues. Alles Schwuchteln und Pussies, würde der Rapper in mir sagen.«
»Mensch, Horst. Du sammelst heute Unsympathiepunkte ohne Ende.«
»Für mich kein Problem. Hast du eigentlich arabische Wurzeln? Dann könnten wir einen Vertrag schließen, dass du für mich sämtliche Geschäfte führen darfst und ich wäre jegliche Verantwortung los.«
»Ausgeschlossen. Du beleidigst alle Politiker, und ich werde dafür verknackt. Das könnte dir so passen.«

»Schlappschwuchtel. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Schäuble, Merkel und Steinbrück sind meine Buddies. Die wissen, dass die Freundschaft eines zukünftigen Bambi-Preisträgers gut im Lebenslauf aussieht.«
»Im Ernst?«, frage ich erstaunt.

»So ernst, wie ich Rapper werden will, du intellektuelle Blindschleiche. Aber es wäre nett, wenn du ein Video von meinen Sangeskünsten aufnehmen würdest. Dann begreift selbst mein Fallmanager, dass bei mir Hopfen und Malz verloren ist.«
Horst öffnet ebenfalls eine Flasche Herri.
»Hätte Bushido auch machen sollen. Dann wäre er zwar abgebrannt wie ich, könnte aber noch guten Gewissens in den Spiegel schauen. Prost.«



Montag, Juli 15, 2013

Die Zwei-Euro-Frau



Unser Treppenhaus riecht nach Zitronenfrische. Seltsam, normalerweise stinkt es dort nach Horsts Zigarettenrauch. Ich betrete Horsts Wohnung und bin überrascht: Die Wände seines Ein-Zimmer-Klos sind mit Fotos von Luxusmöbeln beklebt. Horst selber trägt einen Anzug und hat seine Jimi-Hendrix-Gedächtnisfrisur zu einem Scheitel gekämmt. Wirkt spießig. Doch auch Horsts Wohnung duftet wie ein Puff vor Beginn des Abendgeschäfts.

»Moin, Horst. Bereitest du dich gerade auf einen neuen Job als Staubsaugervertreter vor?«, frage ich.
»Du laberst wieder Stuss, Bresser. Nein, ich wandele auf Freiersfüßen. Mein Fallmanager denkt, ich brauche eine Beziehung, ein reiche Frau am besten. Dann würde sich das mit der Arbeit von selber regeln. Gute Idee. Ich habe mehrere Frauenzeitschriften durchgelesen. Jetzt weiß ich, wie die Damen ticken. In wenigen Tagen erliegt meine Angebetete meinem Charme.« Horst strahlt wie ein japanischer Reaktor. Solange ich Horst kenne, hat seine längste Beziehung 2 Tage gedauert.

»Und hast du schon das Opfer deiner Charmeoffensive auserkoren?«, frage ich.
»Na klar.« Horst zeigt mir das Foto einer blassen Frau, deren blonde Haare schlaff auf ihre Schultern fallen. Sie trägt einen dunkelblauen Hosenanzug. Wenn man Geld sparen
will, lädt man so eine Person zu seiner Party ein, und all deine Gäste flüchten.
»Nett«, sage ich, um Horst nicht zu beleidigen. »Wer ist das, kenne ich sie?«
»Du bist ungebildeter als jeder Rütlischüler. Das ist Kristina Schröder, die ist Ministerin. Ein Schnuckelchen.«

»Die ist Ministerin? Für welches Ressort?«
Horst zuckt mit den Schultern. »Komm ich nicht drauf. Warte… Für Hunde? Nee. Bordsteine in den neuen Bundesländern? Auch nicht. Ich hab’s: Familie.«
Jetzt erinnere ich mich auch.
»Hat die nicht auch ein Buch schreiben lassen. Danke, emanzipiert sind wir selber. Ich habe es selber nicht gelesen, aber sie soll behaupten, dass Feminismus Blödsinn ist. Wer mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde und sich von Assistenten die Doktorarbeit zusammenklöppeln lässt, hat natürlich wenig Verständnis für die Sorgen alleinerziehender Mütter.«
»Böse Unterstellungen, Bresser. Ihre Doktorväter sagen, es sei alles tacko bei Tinchens Disse zugegangen. Außer ihrem guten Aussehen finde ich ihre Emanzdingsbums-Einstellung scharf: Sie verdient das Geld, und ich schmeiße zu Hause den Haushalt. Bier und Kippen muss sie nicht auch noch einkaufen.«

»Es gibt aber ein Hindernis: Soviel ich weiß, ist Tinchen bereits verheiratet. Sie ist die erste Ministerin, die während ihrer Amtszeit ein Kind bekommen hat.«
Horst zieht eine Grimasse.
»Mist.« Dann hellt sich seine Miene auf.
»Du hast recht, Bresser. Ihre Leistungen als Ministerin sind bescheidener als dein Geschreibsel. Wenn sie Casanova Horst Kraschinski verfällt, heiraten wir in Vegas, ich maile das Hochzeitsfoto an die BILD und Merkel spricht ihr wegen Bigamie ihr Vertrauen aus. Und wir bekommen eine fähige neue Ministerin mit Gespür für die Probleme der Bevölkerung.«
»Und was macht ihr, Kristina und du?«

Horst nimmt eine Flasche Herri aus der Fototapete. Guter Trick.
»Kristina hat jede Menge Potenzial, das sie nur nicht abruft. Sie arbeitet als 2-Euro-Jobber für die ARGE und ich bleibe zu Hause und hüte unsere Kinder. Ich will zehn Stück. Denn mit 70 will ich auch nicht mehr das schwere Bier vom Kiosk schleppen müssen. Prost.«  

Donnerstag, Juni 27, 2013

Horst McDonald's

Marten will nach dem Schwimmen zu McDonald‘s. Ich nicht, Marten gewinnt aber wie immer. Wir fahren mit meinem altersschwachen Fort bei McDrive vor.


»Ein Big Mac, zwei Hamburger.«

Eine Qualmwolke dringt aus dem Fenster.

»Als Menü oder einzeln?« Eine Hustenattacke folgt. Wenn mich nicht alles täuscht, klingt der Husten nach…

»Horst, bist du es?«



»Schrecklich. Noch nicht mal auf der Arbeit bin ich vor dir sicher, Bresser.«

»Warum arbeitest du denn bei McDoof?«

»Vorschlag der ARGE. Finde ich gut, wollte schon immer richtig kochen lernen. Heute McDrive, morgen brutzele ich Buletten, übermorgen Pommes. Wenn ich mich gut führe, steht dann das Grünzeug an. Und als Erfrischung schlürfe ich ein leckeres McPils. Das Leben ist herrlich.«

»McDonalds-Fraß ist ungesund, die behindern die Bildung von Betriebsräten und roden Amazonaswälder für den Soja-Anbau. Nachhaltig sieht anders aus.«

»Man könnte fast glauben, du willst nicht, dass ich arbeite, Bresser. Ein Pilsken zum Runterkommen?«

»Ich trinke nicht beim Autofahren.«

Der Autofahrer hinter uns hupt.



»Gute Einstellung, Bresser. Sag dem Schwachmaten hinter dir, er soll den Ball flach halten. Für einen kleinen Schnack zwischendurch muss Zeit sein. Ich kläre dich jetzt kurz über meinen neuen Arbeitgeber auf: Der Fraß ist besser als sein Ruf. Die Ratten hinterm Haus haben die Reste gefressen und strahlen über alle Barthaare. Der nächste Betriebsrat werde ich, alles mit den Kollegen bekakelt. Und wegen der Urwaldabholzung habe ich vorhin eine giftige Mail an die Geschäftsleitung geschickt. Du siehst, alles wird gut. Prost.«

Mittlerweile hupen fünf Autos. Ich winke ihnen beruhigend zu.

»Ich habe Hunger. Wann kocht der Horst uns was?«, quengelt jetzt auch Marten.

»Bringst du uns bitte unser Essen. Wir können noch zu Hause reden.«



»Erst aufrauchen. Hektik und Stress verursachen schlimme Krankheiten«, sagt Horst.

»Kraschinski, Sie Flachpfeife. Sie sind entlassen. Nennen unseren Deutschland-Chef einen Vollpfosten, der Brasilien vernichtet hat und Deutschlands Kinder in die Fettleibigkeit schickt. Außerdem herrscht hier Rauchverbot. Sie haben ab sofort Hausverbot.«

Eine Minute später tritt ein feixender Horst vor die Tür.

»Nehmt ihr mich mit?«

»Tut mir Leid, dass du deinen Job verloren hast.«

Horst zaubert eine Zigarette hinter dem Ohr hervor.



»Kein Problem. Ich habe die Schulungsunterlagen geklaut. Jetzt gründe ich McHorst und starte durch. Kartoffeln ins die Mikrowelle, Buletten in den Toaster und Grünzeug in die Fritteuse. Statt Fast Food speist Hannover Horst Food.«

»Ist das dein Ernst, Horst?«, fragt Marten verwirrt.

»Klar, mein kleiner Freund. Und dein Vater spielt den rothaarigen Clown und unterhält meine Gäste. Das wird eine nachhaltige Gaudi.«

Montag, Juni 24, 2013

Wahlkampfhelfer im Fluteinsatz

Horst ruft an und bittet mich nach oben. Es sei dringend. Ich solle meine Kamera mitbringen. Ich sage kein Wort. Dennoch pflaumt mich mein Nachbar an, warum ich nicht schon da wäre. Er hätte seine Zeit schließlich nicht gestohlen. Ich hetze los. Horst hat ein Poster des vom Elbhochwasser überschwemmten Pirna an seine Wohnzimmerwand geklebt. Davor liegt ein blauer Plastiksack, aus dem Sand rieselt. Horst stellt seinen Fuß drauf.


»Foto, Bresser«, bölkt er mich an. »Aber pronto.«



»Moin, Horst.« Ich versuche die Situation zu beruhigen. »Was soll diese Inszenierung bedeuten?«

»Mensch, Bresser. Es ist Eile geboten. Die Arbeitsvermittlung hat mir einen Job als Wahlkampfhelfer in den Hochwassergebieten angeboten. Die Merkel war schon in jedem überschwemmten Kuhkaff im Osten und Süden. Die ist ausgebrannt. Steinbrück hat keinen Bock auf Dreck. Der will erst die Katastrophengebiete bereisen, wenn alles saniert ist. Um Wählerstimmen abzugreifen, müssen die Parteien aber Präsenz zeigen, zupacken, den Menschen Hoffnung geben. Da komme ich ins Spiel. Horst Kraschinski, geheimer Generalsekretär der SPD. Ich kann aber auch grün, schwarz, gelb und links. Je nachdem, wer mich anfordert.«



»Das kannst du doch nicht machen, Horst. Das sind ganz arme Schweine, deren Existenz von Donau und Elbe weggeschwemmt wurden. Die kannst du doch nicht schamlos anlügen.«

Horst schaut erstaunt.

»Aber das macht doch jeder Politiker. Glaubst du im Ernst, dass Merkels zugesicherte Millionen bei Ömmaken Stengel aus Dresden ankommen? Mathematik war noch nie deine Stärke. Lass eine Sanierungsmaßnahme eines Totalschadens 100.000 € kosten. Bescheiden geschätzt. Dann können mit Angies angekündigten 100 Millionen schlappe 1000 Häuser wieder hergerichtet werden. Das dürfte noch nicht einmal für den Ortskern von Pirna reichen. Und jetzt kommst du.«



»Nur weil alle lügen, kannst du den Leuten nicht auch noch Märchen erzählen. Und diesen Politkasperln zur Wiederwahl zu verhelfen…. Ddddas finde ich zutiefst unmoralisch.« Vor Empörung stottere ich.



Horst steckt sich eine Roth-Händle an und hüllt die Überflutungslandschaft in beißende Nebelschwaden.

»Bleib ruhig, Bresser. Du siehst alles viel zu schwarz. Steinbrück würde gerne helfen. Der weiß von Helmut Schmidt, welche Strahlkraft von Flutwasserhilfen ausgeht. Leider hat er Bandscheibe und kann keine Sandsäcke schleppen. Aber er würde gerne Knöpfe drücken, um einen Damm zu sprengen, habe ich gehört. Leider lässt ihn keiner. Angie beruhigt. Sie erweckt den Eindruck, sich zu kümmern, ohne dass etwas passiert. Das ist große Kunst. Von der Lady kann jeder eine Menge lernen. Ich werde auf der Merkel-Schiene fahren. Viel versprechen, ducken und wieder zurück in meine Butze. In 14 Tagen interessieren sich die Medien doch wieder für wichtigere Themen: Schließlich läuft bestimmt bald die nächste Staffel Deutschland sucht den Superdödel an.«



Ich hole mir ein Bier aus Horsts Badewanne.

»Sorry, Horst. Ich finde deine Einstellung zynisch.«

Horst schüttelt den Kopf.

»Heute hast du intellektuell einen besonders bescheidenen Tag, Bresser. Besteht nicht das ganze Leben aus Hoffnung? Warum sind Bibel und Koran Weltbestseller? Weil sie das Paradies versprechen, ohne sich an Ergebnissen messen lassen zu müssen. Das Konzept der Religionen haben sich die Politiker abgeschaut. Ich werde einfach auch ein Prophet einer goldenen Zukunft. Jetzt trink nicht so viel, sondern knips mein Bewerbungsfoto.«

In diesem Augenblick klingelt Horsts I-Phone.



»Horst hier.« Nach einer Minute sagt Horst. »Das kann selbst ich nicht. Sorry. Suchen Sie einen anderen Wahnsinnigen.« Dann legt er auf. Eine Träne kullert seine Wange herunter.

»Was ist los, Horst?«

»Die etablierten Parteien wollen meine Dienste nicht. Nur ein Herr Rösler von einer unbekannten Partei namens FDP war begeistert. Ich soll ihm über die 5%-Hürde helfen. Aber Wunder kann selbst ich nicht. Schade, ich hätte so gerne geholfen. Prost.«

Donnerstag, Juni 20, 2013

Horst mediiert Steinbrück und Gabriel

Ich bringe Horst zur Abwechslung die taz vorbei. Er läuft wie ein aufgescheuchtes Huhn durch seine Einzimmerwohnung und hält seine Roth-Händle-Zigarette in alle vier Zimmerecken. Dann strahlt er.


»Könnte funktionieren«, murmelt er vor sich hin.

»Moin, Horst. Was treibst du da?«

Horst blickt auf die taz.

»Brauch ich nicht. Kritische Zeitungen machen mich depressiv. Besonders bei meinem neuen Job.«



»Neuer Job?«, frage ich erstaunt. »Wirst du Profiräuchermann unter dem Tannenbaum.«

»Spar dir deinen Zynismus, Bresser. Sowas verursacht Krebs und Hämorriden. Ich habe für die ARGE einen Psychotest gemacht, damit wir endlich meine Potenziale erkennen.«

»Und wo liegen die?«, frage ich neugierig.

»Empathie, Bresser. Ich kann mich in Menschen hinein fühlen, gleiche aus, erreiche einen Konsens.«

»Mir gegenüber zeigst du dich wenig empathisch. Aber vielleicht liegt das an mir.«



Horst überlegt eine Sekunde. »Liegt an dir. Bei dir hilft keine Freundlichkeit, nur Provokative Therapie. Wirkst auch viel ausgeglichener als zu Beginn unserer Bekanntschaft. Da warst du eine richtige Schlaftablette. Nun ja, jetzt ist auch noch Luft nach oben.«

»Ich wusste nicht, dass du Psychologie studiert hast«, kann ich mir nicht verkneifen. »Nun, sag schon. Bei welcher Tätigkeit kommen dir deine neuentdeckten Fähigkeiten zu Gute?«



»Ich werde Mediator. Das sind Leute, die zwischen zerstrittenen Ochsen vermitteln.«

»Ich weiß, was ein Mediator ist. Und für wen sollst du zerschnittene Tischtücher zusammenflicken?«

»Streng geheim, Bresser. Ich weiß du bist ein Plappermaul und verwurstest es in irgendeiner blöden Geschichte.«

»Niemals, ich schwöre.«

»Gut. Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück können nicht miteinander. Weiß ja jeder. Den Steinmeier mögen sie auch nicht. Jedenfalls kennt mein Fallmanager einen SPD-Bonzen, der händeringend jemanden sucht, der die Troika wieder auf Kurs bringt. Und da komm ich ins Spiel. Dr. Psycho.«

Die Vorstellung fällt mir schwer, aber ich will Horst nicht entmutigen.



»Was hast du vor?«

Horst grinst.

»Ein Kinderspiel. Ich versammele die Hansels in einem Raum. Dann werden schlechte Energien geräuchert. Am Besten mit Salbei, Roth-Händle geht auch. Anschließend führen wir eine Familienaufstellung der SPD durch. Da können sich viele Blockaden lösen. Vielleicht schiebt Steinbrück Siggi einfach mal zur Seite, oder so. Wenn das nicht hilft, reisen wir in die schamanische Unterwelt und befragen Krafttiere.«

»Bist du dir sicher, dass die Herren an deiner Therapie teilnehmen?«



»Absolut. Wenn einer nicht spurt, muss er gegen die Klitschkos boxen. Aggressionsabbau. Das hilft hundertprozentig. Würde dir auch nicht schaden. Prost.«

Montag, Juni 17, 2013

De Maizière kauft Horst-Hawk

Morgens beim Frühstück schwappt mir die Kaffee über den Tassenrand. In Horsts Wohnung rumst es, als würde gerade Sodom vernichtet. Wir schauen uns besorgt an. Vor allem, da es eine Minute später wieder kracht.


»Geh doch mal nach dem Rechten schauen«, schlägt meine Liebste vor. Ich haste los, vielleicht kann ich größeren Schaden verhindern.



Vorsichtig öffne ich die Wohnungstür, dann die Stubentür. In dem Rauch durchfluteten Raum entdecke ich eine Wäscheleine, die diagonal von der Decke am Fenster bis zur Türschwelle verläuft. Eine seltsame Konstruktion. Vor allem der Bierkasten voll zerbrochener Flaschen vor der Tür, der an dieser Wäscheleine hängt. Eine schöne Sauerei.

»Moin, Horst. Kegelst du mit Bierkästen?«, frage ich verblüfft.

»Es sieht doch jeder Blinde, dass ich arbeite, Bresser. Nur du nicht. Ich bereite meine Selbstständigkeit vor.«

»Wer bezahlt dich dafür, Flaschen zu zerstören?«



Horst fischt sein Roth-Händle-Päckchen aus seiner Jogginganzugsjacke.

»Das Projekt ist topsecret. Ich sage nur Horst Hawk. Eigentlich müsste ich dich eliminieren, nur weil du das Sperrgebiet betreten hast.« Horst zielt mit seiner Zigarette auf mich.

»Ich kann schweigen«, beteuere ich.

»Da hat mir deine Frau anderes erzählt, aber ich bin leichtgläubig. Mein Fallmanager hat mir den Tipp gegeben, dass Verteidigungsminister de Maizière Drohnen kauft. Habe ich in der Zeitung nachgelesen. Korrekt. Die baue ich jetzt auch.«

»Du hast doch keine Ahnung von Waffenkonstruktion. Ist das nicht ein gewagtes Vorhaben?«



Horst blickt mich verwirrt an. »Die Amis doch auch nicht. Trotzdem hat sie das Verteidigungsministerium gekauft. Außerdem ist Horst Hawk besser als dieser Euro-Hawk-Scheiß. Du siehst einen Taliban mit einer Kalaschnikow, beförderst Horst Hawk geladen mit süffigem Herri vor seine Füße, der probiert und vergisst alle Jungfrauen, die im Paradies auf ihn warten. Der de Maizière braucht dringend ein Erfolgserlebnis. Ich verscherbele ihm meine Super-Duper-Drohne für läppische 40 Millionen, und der Dödel bleibt im Amt. Ist ein Super-Deal für beide. Schreibst du mir ein Geschäftskonzept? Wenn wir das verkaufen, würde ich dir 39 Millionen abgeben. Ich bin bescheiden.«

Ich denke über Marten nach, der sich eine neue Eisenbahn wünscht. So richtig in Urlaub waren wir auch lange nicht mehr. Vielleicht ein eigenes Haus. Alles erfüllbar mit Horsts Millionen.

»Sorry, Horst. Ich arbeite nicht fürs Verteidigungsministerium. Mensch kann doch nicht ernsthaft für eine bessere Welt eintreten und selbst fürs Militär arbeiten.«



Horst öffnet ein Bier.

»Du bist und bleibst ein Blödmann, Bresser. Was meinst du, worauf Horst Hawk abzielt? Wir verkaufen noch diverse andere sinnlose Projekte an die Berliner Idioten, dann gehen die pleite und das Verteidigungsministerium wird abgeschafft. Tue Gutes und kassier dafür.«

»Meine Nackenhaare sträuben sich. Ist das nicht betrügerisch?«

Horst leert seine Flasche.



»Das ist Lobbyismus, Bresser. Politische Bildung würde dir guttun. Wir bekämpfen Nonsens mit Nonsens. Und wenn wir mit Deutschland fertig sind, verkaufen wir an die Taliban, Syrien und den Iran. Wenn ich auch sonst zu nicht viel tauge: In 10 Jahren habe ich den Weltfrieden sichergestellt. Prost.«

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