Dienstag, Februar 19, 2008

Lernerfahrungen No. 1

Ich halte mich eigentlich für perfekt. Gut gebaut, attraktiv, gebildet. Was soll es für Dieter Nannen noch zu lernen geben, fragt Ihr euch. Völlig zu recht. Aber neulich gab es ein Erlebnis, das meinem strahlenden Image einen kleinen Kratzer zufügte: Meine Kochkünste.

Mit unglaublicher confidence ausgestattet, lud ich vor einigen Tagen meine Nachbarin Karin zum gepflegten Dinieren in den heimischen Hallen ein. Nun ja, als bekennender Döner-Liebhaber sind Töpfe und Tiegel weniger liebe Freunde als viel mehr entfernte Bekannte. Aber kann ja nicht so schwer sein, zwei Stücke Fleisch in die Pfanne zu hauen. Hatte ich mir so gedacht.

Um zwanzig Uhr wollte meine liebreizende Nachbarin reinschneien. Keane’s Under the iron sea-Silberling in die Jukebox, Flasche Köpi an den Hals und los gings. Erst die Deko: Kerzen an, vergoldetes Porzellan aus Omma Nannens Erbmasse; Gott, pass auf die alte Dame auf. Romantischer als jeder Julia Roberts-Streifen. Ich klopfte mir selber auf die Schultern.

Dann ran an die Buletten. Kartoffelbrei von Pfanni, empfiehlt Nanni. Nee, ich mag keine Verniedlichungen wie Käffchen, Bäuerchen oder Stößchen. Für meinereiner sollten Erfahrungen immer groß und heftig sein. Sektchen nur für Warmduscher. Aber wenn die mir ein paar Euros zahlen würden, naja, vielleicht wäre dann auch Nanni okay.

Aber ist ja egal, schweife wieder mal ab. Ich hielt mich genau an die Anweisung und vermengte Massen von Butter (hasse dieses schmierige Kuhfett) mit Milch und Trockenpulver. Jawoll. Wurde nicht richtig fest. Mehr Pulver. Wurde nicht richtig fest. Mehr Pulver. Wurde nicht richtig fest. Mehr Pulver. Und dann? Werte Freunde, dann stand der Löffel in der Pampe. Kochen ist einfach. Darauf ne zweite Kanne Köpi (kein Kännchen).


Als nächstes: Erbsen und Möhren aus der Dose in den Topf und auf höchster Hitze kochen. Bin halt ein Mann fürs Extreme. Hatte mir mal meine Ex Bettina verraten. Auf Stufe 2 oder 3 dauert das einen ganzen Tag, die Suppe zu erhitzen. Hat sie einmal recht gehabt. Lief ja wie am Schnürchen, sorry, an der Schnur.

Und jetzt der Höhepunkt des perfekten Dinners. Rinderfilet. Hmmmm. War im Supermarkt Liebe auf den ersten Blick. Zart, kein Gramm Fett und schweineteuer. Rindsteuer sagt man nicht, oder? Noch ne halbe Stunde bis zu Karins Ankunft. Ich erhitzte die Pfanne auf höchster Stufe, hatte ja bereits beim Gemüse hervorragend geklappt. Und rein mit den Lappen. Mhm. Exstatische Vorfreude. Bist schon ein toller Hecht, Nannen. Könntest dich bei Frauentausch als Musterhausmann bewerben. Nach fünf Minuten wenden. Und dann? Dann schien das Fleisch bereits gar zu sein. Und bis zwanzig Uhr noch zwanzig Minuten. Ein schicksalsträchtiger Zusammenhang, wie mir später klar werden sollte. Bis dahin sollte das Rind ja warm bleiben, daher drehte dich den Regler auf Stufe zwei und widmete mich der Tischdekoration. Eine weitere Flasche Köpi labte währenddessen meinen Körper.

Die Fortsetzung dieses Hammerabends lest Ihr in der nächsten Woche.

Währenddessen könnt Ihr in meinen Biographien schmökern:

Schwein gehabt
Die Sau ist tot

Aus dem Tagebuch eines Detektivs: Lernerfahrungen Teil 2


Sharp eight klingelte es. Karin sah umwerfend aus. Früher hatte sie ja bekanntlich einen eher gewöhnungsbedürftigen Kleidungsstil. Doch eine Stilberatung, beim Billerbecker Bauernmarkt gewonnen, hatte Wunder gewirkt. Klassisches schwarzes Kleid mit einem Dekollete, das verhieß, ohne aufdringlich zu wirken. Einem fantastischen Abend stand nichts, aber auch gar nichts im Weg.

„Dieter, ich habe den ganzen Tag gefastet. Jetzt habe ich Hunger wie eine Bärin“, begrüßte mich meine Nachbarin mit einem zarten Kuss auf die Wange.
„Wir prassen heute, bis die Wampe kracht. Habe bereits eine Einladung zu Kerners Kochshow erhalten. Mein Filet à la Didier ist weltberühmt“, strunzte ich.
Die Anlage dudelte Vivaldis Sommer, gedimmtes Candlelight und eine Flasche trockenen
Chilenischen Rotweins. Romantischer als ein Eichendorff-Poem.
Schumanns Augen leuchteten.
„Wenn Du nur halb so gut kochst, wie das hier aussieht, wird das ein Gaumenschmaus ohne Gleichen“, freute sie sich.
„Baby, Deine Erwartungen werden übertroffen“, stapelte ich tief.
Während sie meinen Bücherschrank inspizierte (ich hatte eine Lieferung Helmut-Zenker-Krimis erhalten), trug ich das Gourmetmahl auf. Kartoffelbrei wie bei Muttern, Gemüse wie bei Zacherl und… Was war denn das? Beim Blick in meine Pfanne erstarrte ich wie schockgefroren. Mein zartes Rindfilet wirkte wie eine Mischung aus Holzkohle und Schuhsohle. Wenn mir noch zum Scherzen zu Mute gewesen wäre, hätte ich darauf ein Patent angemeldet. Aber die Lust an Jokes war mir vergangen. Tutti completti. Etwas gedrückt schlich ich mich in die Stube.
„Mir ist ein kleines Missgeschick passiert“, murmelte ich und präsentierte die Resultate meiner Bemühungen.
„Das macht doch nichts“, zeigten Schumanns Worte Verständnis. Im Gegensatz zu ihrem Blick.
Wir füllten unsere Mägen dann mit Kartoffelbrei und Möhrengemüse, aber irgendwie war die Luft raus. Unser Gespräch verlief zäher als mein Rinderfilet. Als Karin die Gabel aus der Hand legte, gähnte sie simultan.
„War ein anstrengender Tag. Vielen Dank. Ich muss in die Heia. Man sieht sich.“
So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Mehrere Kannen Köpi mussten noch dran glauben, bis ich ins Bett kroch.

Damit mir so ein Missgeschick nicht noch einmal widerfährt, habe ich in Münster eine Kochschule ausfindig gemacht. Wer weiß, vielleicht gibt es selbst für mich noch etwas zu lernen.

Read me next week.

Währenddessen könnt Ihr in meinen Biographien schmökern:

Schwein gehabt
Die Sau ist tot

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