Wie kommt ihr auf so grossartige Songs, werde ich oft gefragt. Nun, hinter jedem Lied steckt natürlich eine Geschichte, eine Inspirationsquelle. Um nicht permanent mit den gleichen Fragen bombardiert zu werden, habe ich mich entschlossen in loser Reihenfolge zu erzählen, was hinter jedem Lied steckt.
Sommer letzten Jahres. Die gesamte Band beschloss, die vereinigten Staaten von Amerika zu erkunden, da Deutschland für unseren expansiven Geist zu eng geworden war. Meine Person, Gitarrero Aioli, Drummer Dr. Groove und Bassist Lennart Lynne Larsen bestiegen in Düsseldorf den Flieger, von dort zum Big Apple und sofort weiter nach LA. Nun, nicht ganz sofort. Denn Dr. Groove hatte mit den amerikanischen Behörden besonderen Spaß. Als Produkt einer griechisch-türkischen Koproduktion sieht er nun mal südländisch aus. War auch noch nie ein Problem für ihn. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo er vor einer ziemlich übergewichtigen Dame mit Oberlippenbartansatz der Einreisebehörde stand.
"Are you moslem, sir?", fragte ihn die Tussi von der amerikanischen Einreisebehörde in New York. "Are you lesbian, madam?" konterte der Doc. Sie wurde daraufhin ganz wuschelig und fragte mit leicht aggressivem Unterton, was diese Frage zu bedeuten habe. "What's the meaning of your question?", fragte er erstaunt.
Sie erklärte ihm daraufhin bereitwillig, dass er wie ein Moslem aussehen würde, und wie jeder wüsste, würden radikale Moslems die Vereinigten Staaten von Amerika zerbomben wollen. Dr. Groove erklärte ihr daraufhin, dass sie wie eine Kampflesbe aussehen würde und er vor dieser Gattung Mensch tierisch Angst hätte, besonders wenn sie bewaffnet seien. Ansonsten würde sie sein religiöses Bekenntnis kaum etwas angehen. Er hätte einen deutschen Pass und würde sich diskriminiert fühlen.
Wir anderen schlugen bei dieser Diskussion nur die Hände vor dem Kopf zusammen und befürchteten, unsere fantastische Reise sei hier zu Ende; vor dem Pult der korpulenten amerikanischen Regierungsbeamtin. Denn zwei muskelbepackte, schwerbewaffnete Sicherheitsbeamte näherten sich uns. "Any problems, Debby?" fragte einer der beiden.
Doch, oh Wunder. Debbie schickte die Securitytypen weg und murmelte etwas von einem Mißverständnis und auch Dr. Groove durfte das gelobte Land der Freiheit betreten. Zum Abschied gab er ihr noch ein ironisches "To be someone, I don't need a gun", mit auf den Lebensweg. Wir machten uns schnell auf den Weg zu unserem Anschlussflug, voll Sorge, dass Debby es sich wegen Grooves großer Klappe noch mal überlegen würde.
Als wir zwei Tage später in einer roten Corvette durch die flirrende Wüste von Nevada Richtung Las Vegas düsten, kam mir die Idee, Dr. Grooves letzten Satz am Schalter in New York in einen Song umzuwandeln. Aioli hatte in Los Angeles bei einem kleinen hutzeligen Mexikaner in einem Hinterhofshop eine Pedal-Steel Gitarre für lumpige 20 Dollar erworben. Erst wollte er 500 Bucks. Aber welch Zufall. Er kannte Aiolis Musical "Red noses for blue ladies" und empfand es auf einmal als Ehre, einem so berühmten Komponisten ein Instrument geben zu dürfen. Eigentlich wollte er überhaupt kein Geld mehr; aber da Aioli ein Ehrenmann ist, nahm er das Geschenk nicht an. In Finnland hätte er wesentlich mehr für ein qualitativ adäquates Instrument zahlen müssen. Wir sind halt Kinder des Glücks, dachten wir. :-)
Zurück zu unserem Wüstentrip. Sofort spielte er das passende Riff. Und bevor wir das Zockermecka erreichten, war Song No. 5 von unserem Album Sex! Sweat!! Teens!!! geboren. Mir kommt es vor, als ob die Entstehungsgeschichte aus jedem Ton dieses geschmeidig-eleganten Surf-Rock-Songs herausströmt.
Ich hoffe, ich habe damit zumindest alle dringlichen Fragen zu "Don't need a gun" vorläufig beantwortet.
Einen tollen Mittwoch Michael
Böse Stimmen bezeichnen ihn als Mischung aus Mario Barth und Mr. Bean. Mit Recht. Homepage:www.rockdasdorf.de
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