In den neunziger Jahren arbeitete mein Patenonkel als Bauingenieur für ein deutsches Unternehmen an gigantischen Staudammprojekten in Pakistan. Da dachte ich mir: Diese Gelegenheit kommt wahrscheinlich nie wieder. Fahr doch einfach hin und sieh dir dieses exotische Land mal an. Und so beantragte ich ein Visum, packte meinen Koffer und bestieg ein Flugzeug nach Islamabad.
Doch bevor ich meinen Onkel an der Küste in Karraci besuchte, wollte ich mir noch ein wenig das Land ansehen. Und so schloss ich mich einer deutschen Reisegruppe an, die mit einem Kleinbus den Norden des Landes erkunden wollte. Unser erstes Ziel war Gilgit.
Ein atemberaubender Trip. Zuerst war das Tal weit mit grossen Sandflächen und Aprikosenbäumen, dann wurde es nach einer Brücke, an der alle Touristen aussteigen und sich in ein Buch eintragen mussten, immer enger und der Indus floss tief unten im Tal. Steile Wände ragten in den blauen Himmel, ohne viel Vegetation, ab und zu ein Dorf und grüne Felder in der unwirklichen Umgebung. Nach 5 Stunden weitet sich das Tal, wo der Indus und der Hunza Fluss zusammentreffen und die Strasse von Skardu nach Gilgit in den Karakoram Highway mündet. Alles wirkte immer noch sehr öde und leer, wie eine surrealistische Mondlandschaft, doch die Ebenen wurden grüner, es hatte wieder viele Bäume und Felder auf den Bänken am Fluss. Gilgit ist ein Zentrum mit vielen Touristenshops, Hotels und Travelagencies. Wir wurden den Trubel und die Scharen fliegender Händler, die wirklich alles verkaufen, schnell leid, bestiegen wieder unseren Bus und fuhren nach Shimshal weiter.
Shimshal ist ein abgelegenes Dorf, 60 km von Passu entfernt, eine schmale Strasse, an der immer noch gebaut wird, windet sich eng am Berg angeschmiegt durchs Tal, auf der einen Seite der tief unten tobende Fluss, auf der anderen der steile Berg. Etwa zwei Drittel der Strasse sind fertig, die restliche Strecke muss man zu Fuss gehen. Nachdem der Jeep uns und unseren Führer (Ali Aksoy) abgesetzt hatte, liefen wir durch ein wildes Tal, manchmal eine Steinwüste, ab und zu eine grüne Fläche auf einem Hügel oder in der Ebene, und mehrere Hängebrücken zum Überqueren des Shimshalflusses. Das Tal ist umgeben von hohen Bergen, dazwischen schauen einige mächtige, noch höhere mit Schnee und Eis bedeckte Gipfel hervor. Nach etwa 6 Stunden erreichten wir Kuk, eine grüne Stelle mit einer warmen Quelle und einer Hütte zum Übernachten und Kochen.
Die Gastfreundschaft der Leute in Shimshal war überwältigend. Überall im Dorf wurden wir zu Tee eingeladen, bekamen Äpfel, Aprikosen oder Datteln geschenkt. Ali erzählte mir von einem weisen Mann, einem Sufi, der islamische Mystik studiert hatte. Ihn müsste ich unbedingt kennenlernen. In Indien findest du an jeder Ecke einen Guru; in Pakistan sind weise Männer seltener zu finden und in der Regel authentischer als im Nachbarland.
Wir ging durch das Dorf, schüttelten andauernd Kinderhände und gelangten schließlich zu einer kleinen Hütte, vor der ein alter Mann saß und Tee schlürfte. Obwohl bestimmt in den Siebzigern sah Mohammed bedeutend jünger aus. Ich fragte mich, woran das lag und kam zum dem Schluss, dass es an der kerzengeraden Haltung und an den strahlendsten blauen Augen, die ich jemals gesehen hatte, liegen musste.
Er lud mich ein und kredenzte mir eine Tasse Tee. Ein würziger Trunk, aus dem ich Anis, Fenchel und Ingwer herausschmecken konnte. Mohammed zeigte sich sehr interessiert an Europa. Er stellte mir eine Menge Fragen über das Leben in Deutschland, was ich so machte und welche Länder ich schon bereist hatte.
Während unseres Gespräches hatte ich den Eindruck, dass er auf einer gewissen Ebene, die ich mir nicht erklären konnte, bereits vieles über micht wusste, was mir selbst noch unbekannt war. Er erzählte mir ein wenig von seinen Wanderjahren, seiner Ausbildung in den geheimen islamischen Traditionen.
Schließlich fragte ich ihn, wie er es schaffe, trotz seiner fünfundsechzig Jahre so jung und strahlend auszusehen. Er sagte dann. Er würde jeden Tag eine Reihe sehr einfacher Übungen durchführen, die sein Meister ihn gelehrt habe. Er lachte über das ganze Gesicht, legte sein Hände über seine Brüste, atmete tief ein und bewegte die Hände seitwärts. Dann atemte er aus und führte sie mit den Fingerspitzen abwärts hin zum Bauchnabel. Dies führte es acht Mal hintereinander aus.
Ich fragte ihn, was dies bewirken solle. Er lachte freundlich über mich. Diese Bewegungen aktivierten körpereigene Energien, sogenannte strahlende Kreise, welche die Energien anderer Menschen beeinflussen würden. Diese würden uns daraufhin ganz anders wahrnehmen und würden unsere Nähe suchen, uns Gefallen erweisen wollen, uns mögen, ohne das wir irgendetwas dafür tun müssten. Dies erschien mir damals als sehr kryptisch. Es war in jedem Fall ein faszinierender Tag und ich hoffe, dass ich Mohammed noch einmal in diesem Leben wiedersehen werde.
Der Rest meiner Reise war sehr abenteuerlich. Es gab wieder einmal Unruhen zwischen Indien und Pakistan wegen Kaschmir, unter den Arbeitern meines Onkels gab es eine Revolte, aber das führt jetzt zu weit.
Wieder in Deutschland angekommen, hatte mich der Alltagstrott bald wieder in seinen Fängen und die Erinnerungen an Pakistan verblassten. Aber eines Tages erinnerte ich mich an Mohammed und die radiant ciruits. Ich führte die Übung aus und ging in die Stadt, um irgendwelche Konzerttickets zu kaufen. Aus irgendeinem Grund wollten an diesem Tage alle Leute Starlight Express Karten kaufen. Jedenfalls führte die Schlange vor der Kasse bis vor die Tür. Schließlich war die junge Frau vor mir dran. Sie drehte sich zu mir herum und sagte mit einem strahlenden Lächeln: "Sie waren doch vor mir." Nein, war ich nicht. "Aber Sie haben es bestimmt eiliger als ich." Nein, hatte ich auch nicht. "Aber bei Ihnen geht es bestimmt schneller." Ich war ziemlich verwirrt. Lag dieses seltsame Verhalten an dieser Energieaktivierung?
Ich experimentierte nun neugierig geworden mit dieser simplen Übung herum. Und was soll ich sagen: Sie brachte in den unterschiedlichsten Situationen erstaunliche Ergebnisse, wie ich es vorher noch nie erlebt hatte. Ich brauchte noch nicht einmal besonders freundlich zu schauen und wurde in Geschäften mehr als zuvorkommend bedient, so als wäre ich ein jahrelanger Stammkunde. Mir wurden sogar vom Verkäufer ohne danach zu fragen, Nachlässe angeboten.
Ich denke, ich werde in den nächsten Jahren nochmal nach Pakistan fahren, um von Mohammed mehr über diese seltsamen freundlichen Energien zu erfahren. Allerdings ist mein Onkel schon lange wieder zurück in Deutschland und mittlerweile pensioniert. Aber die Auswirkungen dieser wirklich einfachen Übungen sind die kleine Mühe wert.
In diesem Sinne ein tolles Wochenende und liebe Grüße Michael
Böse Stimmen bezeichnen ihn als Mischung aus Mario Barth und Mr. Bean. Mit Recht. Homepage:www.rockdasdorf.de
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