Donnerstag, April 28, 2005

Neuentdeckung der Langsamkeit

Mittwochs im Kino: Kepab Connection. Sehr netter Film.

Vorher wollten wir noch einen Kaffee zu uns nehmen und standen nach zehn Minuten ausgedehnter Warterei fast vor der Theke. Vor uns stand ein Türke, Mitte zwanzig, der erst mal fünf Minuten in seine Baseballmütze starrte, bevor er der Bedienung antwortete.

"Mhhhm, ich hätte gerne eine Sprite für 3,20: Nee, 2,70. Nein, lieber für 3,70"; ließ er sich dann großzügig herab. Da die Schlange hinter uns ein beträchtliches Ausmaß angenommen hatte, sprintete die Bedienung mit einem Pappbecher Richtung Getränkezapfsäule los, wuchtete das Gefäß in die Anlage und wollte gerade...

"Stop! Ich will doch keine Fanta." Es hatte sich mittlerweile ein Serviceteam von 3 Damen zur Betreuung dieses Kunden eingefunden. Eine vor der Getränkeausgabe, eine an der Kasse und eine als persönliche Beraterin.

"Watt, denn nun", fragte die Custumer-Care-Service-Tante nicht unfreundlich.

"Das gibt es doch nicht, wie ich hier gedrängt werde", nuschelte unser Freund.
"Cola mag ich nicht, dann nehme ich lieber eine Fanta."
"3,70 Euro bitte", forderte die Kassiererin energisch. Doch das ging einfach zu schnell.

"Moment, Moment", er sprach mehr mit sich selber als mit den Kinoangestellten. "Das ist noch lange nicht alles." Pause, Schweigen, Pause.

"Bitte?" fragte die Beraterin jetzt nun ziemlich angenervt.

"Warum muß ich mich so schnell entscheiden?" fragte Hassan, wie wir ihn mitlerweile getauft hatten, seine Baseballkappe. Leider antwortete sie nicht. Zumindest hörten wir nichts.

"Ich hätte gerne noch.... Äh, mhm, oh, wie heißt dieses komplizierte deutsche Wort noch?"

Keiner wußte es. "Barschfilet", schlug ich vor. Gehört zwar nicht zur Produktpalette des Kinopoliskonzerns, aber wer wußte schon, was Hassan und seine Baseballkappe für diesen Abend geplant hatten.

"Nee, ach, jetzt fällt es mir wieder ein. Popcorn. Genau."

Endlich konnte die komplette Bestellung angefertigt werden. Sein Portemonnaie sah zwar gähnend leer aus, aber irgenwie kam er noch auf den geforderten Betrag entgegen unserer Befürchtungen.

Meine Prophezeiung "Den sehen wir wieder" sollte sich bewahrheiten. Zumindest hörten wir ihn. In Kepab-Connection geht es grob gesagt um das Zusammenleben zwischen Deutschen, Türken und Griechen in Hamburg. Als der erste Grieche im Film auftauchte, vernahmen wir Hassan von hinten. "Sch.-Griechen. Ihr beansprucht noch immer Zypern für euch." Der Rest war unverständlich, da er sich wahrscheinlich nur seiner Baseballkappe mitteilen wollte. Jedenfalls genossen wir den Streifen komplett in Dolby Surround, da Hassan jede Szene mit griechischen Akteuren aus seiner Sicht kommentierte. Leider -wie gesagt- nur rudimentär verständlich.

Wir haben ihn dann zum Ende doch nicht gefragt, wie ihm der Streifen gefallen hat, wir mußten schließlich spätestens heute zu Hause sein. Aber sind wir nicht alle ein wenig schizo? Schade, mein Kuli antwortet nicht.

Tolles Wochenende und liebe Grüße Michael

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