Dienstag, August 04, 2009

Schnüffler und Beneficker: Die Anreise

Horst Stengel:

Bepackt mit zwei Flaschen Herrenhäuser als Gastgeschenk entere ich um 08.30 Uhr den Zug Richtung Hamm. Dort muss ich nach Münster umsteigen und von dort aus in den Regionalexpress Richtung Mönchengladbach, der in Buldern hält. Umständlich, wie ich finde. Aber um die unchristliche Zeit ist mir das egal. Bier ist doch für einen Westfalen das richtige Getränk, sinniere ich. Stamme ja aus Duisburg, da habe ich mich über ein lokales Getränk gefreut. Schaun wir mal. Leider muss der Zug wegen Störungen im Betriebsablauf –so die Zugbegleiterin- etliche Male anhalten. Wir erreichen Hamm vierzig Minuten später und mein Anschluss ist weg. Also fünfzig Minuten auf dem Hammer Bahnhof abhängen. Habe ich keine Lust und begebe mich auf Kurztrip in die City. Die gleicht den anderen Ruhrgebietsstädten. Viel ödes Beton, viel Leerstand, viel Perspektivlosigkeit. Ich watschele in eine Kneipe und trinke auf die Schnelle ein Bier. Nette Bedienung im unvorteilhaften Dress. Aber das ist der Lauf der Zeit. Wie viele eigentlich hübsche Mädchen arbeiten bei McDödel und werden durch die Einheitsuniform optisch deformiert? Unzählige schätze ich, obwohl ich den Junk-Food-Tempel nach Möglichkeit meide. Gegen zwölf steige ich in Buldern aus. Ein von Gott und dem Leben verlassener Ort. Öde wäre gestrunzt. Ich wähle Dieters Mobilnummer, damit er mich vom Bahnhof abholt. Leider geht er nicht dran. Wahrscheinlich ein Fall. Daher ordere ich ein Taxi, das auch knapp eine Stunde später eintrudelt.
Der Fahrer spricht kein Wort und fährt mich durch ein Meer an Feldern zum Casa Nannen, einem relativ heruntergekommenen Bauernhof. Ich drücke meinem Kutscher einen Zehner in die Hand und ernte ein Grunzen. Sein erster Kommunikationsversuch seit Beginn unserer Bekanntschaft. Münsterländen sind Partykanonen, keimt ein vager Verdacht in meinem Hinterstübchen.
Ich klingele, doch niemand öffnet. Hat mich Nannen vergessen. Ich streiche ums Haus, wo sich einige renovierungsbedürftige Stallungen befinden. Gegrunze und Gefluche dringt aus einem Verhau, an dem die grüne Farbe abblättert.
Dort finde ich den Detektiv. Er trägt einen Judge-Kapuzenpulli und Jeans, breit gebaut mit blonder Modefrisur, Dreitagebart. Die eigentlich blaue Jeans hat allerdings einige schwarze Spritzer abbekommen, da das fröhlich grunzende Ferkel Durchfall zu haben scheint. Oder kacken die unentwegt? Kenn mich mit Tieren nicht so aus.
»Horst? Du kommst in einem ungünstigen Moment. Pedder hat mich angeschissen. Verfluchter Mist», werde ich freundlich begrüßt. Ich reiche Nannen mein Geschenk. Er runzelt fragend die Augenbrauen, dann öffnet er die Flasche mit einem Feuerzeug und nimmt einen Schluck.
»Lauwarm die Plörre», bessert sich seine Laune nur wenig. »Ist auch eher Kaffeezeit. Lass uns rein gehen.»
Mein Fehler. Klar, durch die lange Zugfahrt bei hat sich der Hannoveraner Göttertrunk erhitzt.
»Sorry», murmele ich schuldbewusst.
Wir wandern ins Haus, dort zieht Dieter eine andere Hose an. Dann schmeißt Dieter seine neuste Errungenschaft, einen Espressoautomaten an und los geht’s.

Morgen gibt's den Talk

LG Michael

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