Montag, September 24, 2012

Ufos, Majas und ganz normale Elternwahnsinn

Kinder haben oft irrationale Ängste: Brachiale Gewitter, mit schleimigen Aliens ausgestattete Ufos oder den von bekifften Maja-Propheten prognostizierten Weltuntergang. Durchaus realistisch hingegen ist die Furcht, vom schusseligen Stiefvater in der Schule vergessen zu werden. Marten war sechs oder sieben, als er eine Ahnung von der Fehlbarkeit seines Lieblingseishockeygegners bekam. Ich erreichte gegen 18 Uhr unsere Wohnung, schlüpfte in die Jogginghose und ließ den Feierabendkaffee gemächlich durch den Filter tröpfeln. Als ich mich über die himmlische Ruhe freute, klingelten Festnetztelefon und Handy simultan. Meine Frau und Hortbetreuer Thomas redeten stereo auf mich ein. Vor zwei Stunden hätte ich Marten abholen sollen. Sie hatten recht. Völlig verschwitzt. Unser armer Marten. Ich sah ihn in Tränen aufgelöst in einer einsamen Ecke ein Matchboxautos von links nach rechts schieben. Von der ganzen Welt verlassen, insbesondere mir. Ich riss die Jacke von der Lehne und düste in Rekordtempo den Kilometer zu Martens Schule. Erzieher Thomas blickte mich vorwurfsvoll an: „Kann passieren, jeder hat einen schlechten Tag. Darf es aber nicht. Eltern kann man sich nicht aussuchen.“ Ich kam mir wie der letzte Rabenstiefvater vor, der ich auch war. „Entschuldigung, Marten. Das kommt nie wieder vor. Ich hoffe, du hattest keine Angst“, drückte ich unseren Sprössling. Der befreite sich übel gelaunt aus meiner Umarmung und ballte die Faust.. „Wenn du 10 Minuten später gekommen wärst, hätte ich mit Thomas zur Demo gehen dürfen. So ein Scheiß. Wir hätten den blöden Nazis den Arsch versohlt.“

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