Manchmal dümpelt meine Auftragslage frustrierend vor sich her. Daher bin ich vor ein paar Monaten dem Business-Netzwerk Xing beigetreten. Ihr lacht, aber auch ein Nannen muss schauen, wie seine Currywurst in die Plastikschale kommt. Da wurde ich prompt nach einer Woche Mitgliedschaft zu einem Netzwerktreffen eingeladen.
Das fand in Münster in einem Schicki-Micki-Lokal statt. Goldener Kiepenkerl, oder so. Nicht meine Welt. Schon gar nicht die ganzen Schlipsträger, die sich um meine Bekanntschaft rissen.
"Sie sind der Herr Nannen. Es ist nicht gut, dass wir uns kennenlernen. Es ist supergut." Hallo? Ich musste mich beherrschen, um nicht gleich eines dieser schrecklichen Weißbrotschnittchen mit veganer Paste auszuspucken, die dort kredenzt wurden. Und dieser Typ hatte natürlich eine brillante Idee, wie ich mir nebenbei eine tolle Einkommensmöglichkeit generiere. Empfehlungsmarketing!?
"Jeder kauft und nutzt Dinge", sagte er. "Warum empfehlen Sie diese nicht weiter und werden reich." Mhm, der erste Teil der Aussage leuchtete mir ein, der zweite nicht. Wer bezahlt mich dafür, dass ich Hähnchen von Bräter Witwe-Bolte exorbitant lecker finde. Zumindest, wenn ich sie 5 Minuten nach Kauf verzehre, später werden sie labbrig.
"Vielleicht nicht unbedingt Hähnchen, aber andere Produkte. Und dann kannst du weitere Mitarbeiter einstellen und partizipierst an deren Linie", sagte er mitleuchtendem Blick.
So schnell beim Du? Na, ich bin auch eher der unkomplizierte Typ. "Um welche Produkte geht es denn?", fragte ich. "Na, welche, die du täglich nutzt", blieb auch bei dieser Ausführung die Katze im Sack. "Weiters auf der Veranstaltung mit Dr. Marlene von Hohental, der Gründerin unseres Unternehmens."
Aber als routinierter Schnüffler ließ ich mich nicht abwimmeln. "Magarine auf den Hecht", versuchte ich mich mit einer mäßig originellen selbstkreierten Redewendung. "Was nutze ich denn nun und kann es für Kohle weiterempfehlen?" - "Na, das geht in den Bereich fantastischer Nahrungsergänzungsmittel für sportliche Leute. Du kaufst die Produkte selber und empfiehlst sie weiter in deinem Freundeskreis. Jeder ist doch sportlich."
Da hatte ich genug gehört. Ich kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, meinen Freunden überteuerte Pülverchen und Tinkturen zu "empfehlen", die nur einen Nutzen haben: Diese Dr. von Hohendingsbums reich zu machen. In meinen heiligen Körper gelangen auch nur fettreiche und alkoholische Lebensmittel, keine Chemie. Da bin ich konsequent.
Dies teilte ich ihm auch unmissverständlich mit. Leute aus dem Pott sind da sehr direkt. Er verabschiedete mich mit den Worten "Wenn du nicht reich werden willst, bitteschön. Bleib weiter ein armer Schlucker."
Aber ich bin selber dafür verantwortlich, was ich glaube. Und ich werde ohne Empfehlungsmarketing der wohlhabendste Schnüffler im Münsterland werden. Da kann der Schmierlapp sagen, was er will.
Ja, daran glaubt euer Dieter. Das nächste Business-Treffen werde ich sorgfältiger auswählen. Da sollte nur die wirkliche High-Society am Start sein. Leute mit fettem Bankkonten, die nur auf einen smarten Schnüffler warten, den sie für 5000 Euro Tagessatz beauftragen möchten.
Habt Ihr auch Erfahrungen mit Empfehlungsmarketingern gemacht? Über Kommentare wäre ich dankbar.
Euer Dieter
Mein aktueller Fall in Buchform: Die Sau und der Mörder
Über die Härten des Autorenlebens: Bestseller
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