Montag, April 15, 2013

Wein für Hartzer

Als ich morgens zur Arbeit will, steht Horst im Treppenhaus, und bläst Rot-Händle-Qualm gegen die Fensterscheibe.


»Du hast ihn verpasst«, faucht mein Nachbar.

»Moin, Horst. Wen habe ich verpasst?«

»Diesen SPD-Kasper, Steinbück oder so. Der hat mich besucht. Mit einem Kamerateam vom ZDF. Kann aber auch RTL 2 gewesen sein.«

»Steinbrück heißt er. Der Kanzlerkandidat der SPD. Was wollte er denn von di...r?«



»Der hat Wein mitgebracht, für zehn Euro den Bottich. Damit wir Hartzer auch mal was Vernünftiges trinken und unser Kreuz bei der nächsten Wahl an der richtigen Stelle machen.«

»Und, hat er dich überzeugt?«

»Absolut. Er hatte sämtlich Schriften von August Bebel auf seinem Laptop und konnte auf meine Fragen das entsprechende Zitat raushauen. Google macht’s möglich. Heute weiß ja keiner mehr, wofür die Sozialdemokraten einmal standen. Kann man ihn keinen Vorwurf draus machen.«



»Ich finde es schon sinnvoll, dass ein Politiker weiß, wofür er steht. Ist er bei dir auch in einen Fettnapf getreten?«

»So einen Schweinskram gibt es bei mir nicht, Bresser!«, ereifert sich Horst. »Nur ins Katzenklo. Ich konnte nicht aufräumen, weil er unangemeldet vor meiner Tür stand. Mit einem Zewa-Wisch haben wir das Malheur beseitigt. Das habe ich ihm auch für andere Pannen geraten.«

»Zewa-Wisch?«

»Es bleibt zwar immer was an ihm haften, aber vielleicht geben die ihm einen Werbevertrag. Wenn es mit Bundeskanzler nicht klappt. Ich persönlich sehe da schwarz. Habe ihn in den Arm genommen.«



Horst zaubert eine Flasche Pino Grigio aus der Jogginghose, entkorkt sie und nimmt einen Schluck.

»Lecko Pfanni«, rülpst er. »Der Steinbück versteht zu leben.«

»Du hast ihn getröstet? Der Mann will unser Land retten. Sollte der nicht eher dich trösten und dir Perspektiven aufzeigen?«

»Du jammerst wie der deutsche Spießmichel, Bresser. Der Steinbrück ist doch auch eine arme Seele. Wenn der die Merkel nicht ablöst, muss der von Stadtbücherei zu VHS tingeln und schlechtbezahlte Vorträge halten. Leben und Sterben als Kanzlerkandidat oder so. Da lebt es sich als Profihartzer schon besser: Ich bekommen immerhin zu jeder Wahl den Fusel frei Haus. Apropos: Weißt du eigentlich, was Grüne und Linke vorbeibringen?«

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