Ich bringe Horst frische Brötchen vorbei. Die
Wohnungstür ist geschlossen. Seltsam. Normalerweise lässt er sie
angelehnt. »Wäre doch klasse, wenn Diebe meinen Müll mitnehmen. Nur das
Leergut müssen sie da lassen. Habe ich aber zur Info einen Zettel drauf
geklebt.« Jetzt ist sie geschlossen.
Horst öffnet mit griesgrämiger Miene.
»Hab schon gefrühstückt.« Er nimmt die Tüte und schmeißt sie in die Ecke.
Im Wohnzimmer sehe ich auch den Grund. Eine brünette Zwanzigjährige im
enganliegenden T-Shirt räkelt sich lasziv auf dem Sofa und nuckelt an
einer Bierflasche.
»Das ist Sarah. Ich hatte dir von meiner Kontaktanzeige erzählt«, drückt ihr Horst einen fetten Schmatz auf die Stirn.
»Hi«, begrüßt sie mich. »Horst ist so charmant. Mein großes Los.«
»Horst hat wirklich alles Glück der Welt verdient«, sage ich.
»Er hatte eine Menge Pech im Leben. Ich habe noch niemanden mit
Wasserallergie kennengelernt, der nur Bier trinken kann. Auch seine
Sauerstoffintoleranz ist ein schreckliches Leiden. Ich würde es nicht
schaffen, nur Rot Händle zu atmen.«
»Er hat ein wirklich schweres
Leben«, seufze ich mit. »Er wollte Light-Zigaretten rauchen, aber der
Arzt hat ihm die härtesten Lungentorpedos verschrieben. Wer’s glaubt,
ist weit von der Seligkeit entfernt.«
»Habe ich es dir nicht
gesagt, Schatz«, sagt Horst und grinst wie Buddha im Nirwana. »Mein
Nachbar ist der Bedauernswerte in unserem Haus. Zum Glück therapiere ich
ihn wegen seiner deprimierenden Weltsicht, seinem Hang, andere schlecht
zu machen, und seiner verbalen Inkontinenz. An diesen kläglichen
Versuchen, ironisch zu sein, werden wir arbeiten, Bresser.«
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