Donnerstag, April 18, 2013

Franziskus, der Underground-Pope

Horst sitzt morgens vor der Haustür und hält seine nackten Füße in die Sonne.


»Moin Horst, genießt du den Frühling?«

»Leck mich am Arsch. Frühling ist geil. Das Bier schmeckt frischer, die Kippen luftiger, Altes wird losgelassen, Neues kommt.«



»Wurde der Hartz-4-Satz um 50 Cent raufgesetzt?« Diese Euphorie kommt mir spanisch vor.

»Dein Materialismus kotzt mich an, Bresser. Deine Millionen nützen dir im Himmel nichts, oder wo auch immer du nach deinem Ableben auflaufen wirst. Wahrscheinlich gibt es ein Ressort für schwarze Seelen, wo sie dich und andere halbseidene Schreiberlinge wie Grass und Jaud für alle Ewigkeit Entschuldigungen auf Schiefertafeln kritzeln lassen: Ich schreibe keine schlechten Bücher mehr.«



»Ich wusste gar nicht, dass du überhaupt liest. Außer der BILD. Mal was Anderes: Warum trägst du eigentlich keine Socken?«

»Du stellst blöde Fragen, Bresser. Dieser Franziskus aus Rom wanderte die Straße entlang und wollte mir die Füße waschen. Der Bursche ist nicht dumm. Das hatte ich schon lange nötig.«

Horst Lügengeschichten nerven.

»Ich habe nirgendwo gelesen, dass sich der Papst in Hannover aufhält. Und warum sollte er ausgerechnet dir die Latscher säubern? Ein Achter im Lotto wäre da realistischer.«

Horst steckt sich eine Rot Händle an.



»Franziskus reist inkognito. Der legt keinen Wert auf Prunk und Presse. Du stehst im Aldi beim Bierregal, da kann dir Franziskus auf die Schulter klopfen und dich segnen. Du bist kurz davor, deine Kippe in die Botanik zu schmeißen. Auf einmal sieht dich Franziskus gütig an, und du schnippst sie lieber in den nächsten Abfalleimer. Der ist ein Guerilla-Pope, hat er mir erzählt. Ein echt Netter, nimm dir mal ein Beispiel an dem.«



»Will er sich denn auch um die dringenden Fragen der Gläubigen kümmern? Zölibat, Rolle der Frau, Verhütung oder Kindesmissbräuche?«

Horst knippst mit den Zähnen den Kronkorken einer Herri-Flasche ab.

»Du langweilst mich. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Das haben Franziskus und ich beschlossen.«



»Ihr Beide? Ich wusste nicht, dass du gläubig oder sogar katholisch bist.«

»Manchmal bist du einfach komisch, Bresser. Natürlich bin ich nicht gläubig. Katholisch schon gar nicht. Aber ich stehe auf nette Leute. Sich den Menschen widmen, die im Leben Pech gehabt haben. Da kriegt der Franziskus seine Chance, auch wenn er Papst ist. Wie sieht es mit dir aus, Bresser? Es ist Frühling. Darf ich dir die Füße waschen?«

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