Montag, April 22, 2013

Horst rettet den Flughafen Berlin

Als ich morgens das Treppenhaus betrete, weiß ich, dass hier etwas nicht stimmt. Gar nicht stimmt. Vor Horsts Tür steht eine Kiste Herri mit der Aufschrift »Wo Platz is‘«. Ich wusste bisher nicht, dass Bierflaschen traurig aussehen können. Nun weiß ich es.


Horsts Wohnungstür ist offen. Mit der Rot Händle in der Rechten versucht seine Linke das Sofa zu verrücken.

»Moin Horst, was ist denn los?«, frage ich in banger Erwartung.

»Die ARGE will mich töten. Ich soll umziehen.«

»In eine kostengünstigere Wohnung?«

»Nee, die 80 € Miete sind gerade noch okay, sagt mein Fallmanager. Die haben mir jetzt wirklich einen Job vermittelt. In Berlin. Ausgerechnet im ärmsten Mülleimer Deutschlands.«

»Als Stadt finde ich Berlin toll. Was sollst du denn machen?«

Horst hält mittlerweile die 3 Rot Händle in der Hand. Gleichzeitig.

»Ich hätte mir denken können, dass dir dieser Moloch gefällt, Bresser. Geh du doch! Ich liebe Hannover. Aber der Job ist schlimmer als die Stadt. Ich soll Hartmut Mehdorns Pressesprecher werden.«

»Wieso das? Braucht der keine –verzeih mir- kompetente Person?«

»Kompetenz war nie Einstellungskriterium der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH, du Flachpfeife. Nee, die haben festgestellt, dass dieses Milliardengrab auch 2020 noch nicht fertiggestellt wird. Das kann aber unmöglich Mehdorn der Öffentlichkeit mitteilen? Ergo…« Horst zeigt auf sich und wirkt noch kümmerlicher als sonst.

»Du sollst Mehdorns Glaeseker spielen. Den Depp, der alles verbockt hat«, stelle ich fest.

»Endlich raschelst du auch was. Ich soll sagen, dass ich die persönliche Verantwortung übernehme, und alle anderen Vollpfosten sind fein raus.«

»Aus ihrer Sicht ein logischer Schritt. Für dich ziemlich ätzend. Ich bin froh, dass ich noch keinen Flughafen in den Sand gesetzt habe.«

»Die Stelle wollte niemand haben. Also haben die ARGEs in ganz Deutschland einen Dödel ausgelost. Mich. Mein Inventar, als die Bierkiste im Flur und mein Sofa, werden noch heute abgeholt. Wegen der Dringlichkeit.«

»Hol dir doch ein Attest.«

»Ich bin kein Weichei wie du, Bresser. Ich möchte nur kein prekäres Arbeitsverhältnis mehr. Ist doch nicht schwer zu verstehen.«

Horsts Telefon klingelt.

»JA!«, bellt er in die Muschel. »Oh, das sind ja gute, äh schlechte Nachrichten. Würde mich freuen, wenn Sie das nächste Mal an mich denken.«

»Gott sei Dank.« Horst bekreuzigt sich und öffnet eine Flasche Herri.

»Was ist. Erzähl schon«, dränge ich.

»Ein Irrtum. Die haben diesen Piratenfuzzi Ponader auslost. Dem glaubt man eher, dass er den Flughafen verbockt hat. Ich sei zu intelligent. Ich bleibe hier.«

»Auch wenn ich nicht weiß warum, freut mich das«, bekenne ich.

»Freu dich nicht zu früh. Mein Fallmanager hat irgendwas von Stuttgarter Bahnhof gefaselt.«

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