Wir machen uns Sorgen um Horst. Das Jobangebot der ARGE auf
Zypern hat den Guten mehr geschafft, als er zugeben würde. Nach dem
Ostereisuchen mit Frau und Sohn stiefele ich eine Etage höher.
Die Wohnung ist kaum wiederzuerkennen. Die Ecke mit
Pfandflaschen, also die komplette Wohnung, ist aufgeräumt. Alles blitzt vor
Sauberkeit und duftet nach Sagrotan mit Frühlingsduft.
Auf dem Wohnzimmertisch steht eine dampfende Kaffeetasse.
Seltsam. Dann erschnuppere ich das Whiskyaroma. Gut, alles in Ordnung.
»Moin, Horst. Ich habe dir ein paar Eier mitgebracht. Sollst
nicht leben wie ein Hund.«
»Für Eier habe ich keine Zeit. Ich befinde mich auf einer
Mission.«
»Pardon?«
»Du hast richtig gehört. Ich brauche wirklich einen Job. Ich
habe Stellenanzeigen gesichtet. Mein Entschluss steht fest: Ich werde
Bundesvorsitzender der FDP.«
Ich werde ärgerlich. »Horst, man macht keine Witze auf Kosten
der Schwächeren. FDP-Gags sind genauso unlustig wie die Ostfriesenscherze der
1980er. Warum mag Brüderle keine Brezeln? Weil er den Knoten nicht aufbekommt. Witzig
ist anders. Man prügelt nicht auf jemanden ein, der schon mitten im Dreck
liegt.«
Horst zündet sich eine Dunhill-Zigarette an.
»Es ist mein vollkommener Ernst. In der BILD stand, sie suchen
einen Wirtschaftsexperten, wenn Rösler geschasst wird. Da bringe ich mich in
Position. Als Rettungsanker.«
»Und, was verstehst du von Wirtschaft? Du kannst doch keine GmbH
von einer AG unterscheiden.«
»Ich weiß nicht, warum ich mir dein dummes Gelaber immer anhöre,
Bresser. Ich kenne Plümmecke, Treibhaus
und Charlies Eck besser als die Fussel in meinem Bauchnabel. Ich bin der
niedersächsische Wirtschaftsexperte! Den Rösler habe ich noch in keiner Kneipe
getroffen. Für einen Wirtschaftsminister ein Armutszeugnis.«
»Okay, du bist qualifiziert. Aber Politik ist ein dreckiges
Geschäft. Versuche es doch mit etwas Seriöserem: Heiratsschwindler oder
Bankräuber.«
»Alter, ist doch alles Taktik. Erst mache ich auf linientreuer
Liberaler. Dann senke ich nur Branntwein- und Tabaksteuer, zwinge aber
Konzerne, ihre Gewinne in Deutschland zu versteuern. Da helfen auch keine
Leihstimmen der CDU, um die FDP über ein halbes Prozent zu hieven.«
»Aber dann wärst du wahrscheinlich wieder arbeitslos.«
Horst kippt sich Whiskey in die Kaffeetasse und überlegt.
»Stimmt. Aber dann könnte ich mir mehr Kippen und Bier von meiner
Stütze leisten. Und hätte noch ein gutes Werk getan.«
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