Samstag, März 30, 2013

Jobs für Hartzer

Ich bringe heute Horst vom Kiosk eine BILD-Zeitung und Brötchen mit. Unser Nachbar ist nicht gut drauf. Das sehe ich sofort. Er trinkt vor dem Frühstück Rotwein. Ein Bruch in seiner täglichen Routine. Normalerweise genießt er zu dieser frühen Stunde nur Bier. Rotwein erst ab Mittag.

»Moin, Horst. Alles schön bei dir?«, frage ich besorgt.
»Nix ist schön. War am Donnerstag auf dem Amt. Das belastet mich bis heute. Die ARGE will mir wirklich einen Job vermitteln.«
»Mein lieber Horst. Böse Mitmenschen könnten behaupten, dass du dein Nickerchen auf der Tasche des Steuerzahlers hältst. Immer nur hartzen macht doch auch nicht glücklich. Was sollst du tun? Die Eilenriede harken, für Omis einkaufen oder Bücherbusse durch die Gegend fahren?«
Horst steckt sich gedankenverloren eine Rot Händle in den Mund.

»Das wäre ein Traum. Nee, ich soll in Zypern eine Bank leiten. Was für ein Mist.«
»Wie kommt die ARGE darauf? Hast du denn Ahnung von Bankgeschäften?«, frage ich erstaunt.
»Manchmal stellst du dich ganz schön dumm an, Bresser. Die Banker in Zypern doch auch nicht. Deshalb wollen die mich. Ich soll den wütenden Kunden erklären, warum ihre Konten leer sind. Das will keiner mehr machen. Und jetzt kommst du, Herr Schlaumeier.«
»Wirst du denn wenigstens gut bezahlt?«
Horst kippt seinen Wein hinunter und gießt sich nach.
»120.000 netto im Monat, Dienstwagen mit Fahrer, großzügige Abfindung am Ende meiner Amtszeit.«
»Vielleicht solltest du den Job annehmen«, überlege ich. »Besser eine schlechte als gar keine Arbeit, oder? Außerdem würdest du dem Staat nicht mehr auf der Tasche liegen.«
»Du Spießer verstehst noch nicht mal die Grundschulmathematik. Hier koste ich dem Staat 800 Tacken im Monat, auf Zypern mehr als eine Million im Jahr. Wo bin ich der größere Schmarotzer?«

»Hat was für sich. Also willst du hier bleiben«, stelle ich fest.
»Eine meiner Lebensmaximen lautet: Lieber ein kleines als ein großes Arschloch. Doch wie verkaufe ich das dem Amt?«

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