Mittwoch, Oktober 31, 2012

Bei Anruf Mord - Telefonanbieterwechsel leicht gemacht

Das 20. Jahrhundert hat uns viele segensreiche Erfindungen beschert: Das Internet, Antibiotika und Esspapier mit Erdbeergeschmack. Mir persönlich hat es das Internet besonders angetan. Seit es Breitband-DSL gibt, können Menschen mehrstündige Spielfilme in Sekundenschnelle aus dem Netz laden. Finde ich klasse. Das wollen wir auch. Und bei Janis können wir das günstiger als bei der Telekom. Zudem haben sie schnellere Leitungen und geben uns eine Geld-zurück-Garantie, sollten wir nicht zu 100% mit ihren Leistungen zufrieden sein. Heute wird unser Anschluss umgeschaltet. Ich freue mich wie ein Kind, das mit der Blechtrommel um den Weihnachtsbaum tanzt. »Die Leitung ist tot«, sagt meine Frau. »Ich habe auch das Paket von Janis mit dem neuen Router geöffnet. Schon seltsam. Na, du weißt ja, was du tust.« Sie drückt mir einen Karton in die Hand. Ich vergleiche den Inhalt mit dem Lieferschein. Die Geräte sind falsch, die Farbe ist falsch, selbst der Empfänger ist falsch. Das Paket ist für unsere Nachbarn. Aber heute lasse ich mir die gute Laune nicht verderben. Ich nehme mein Handy und wähle die Servicenummer. »Herzlich Willkommen bei Janis. Leider sind alle Mitarbeiter im Gespräch. Bitte haben Sie etwas Geduld. Wir verbinden Sie auf den nächsten freien Mitarbeiter.« Dann ertönt entspannende Fahrstuhlmusik. James Lasts Version der Mondscheinsonate. Nur will ich mich nicht entspannen, ich will ein funktionierendes Telefon und eine DSL-Verbindung. Meine gute Laune flaut etwas ab. Nach einem gefühlten Monat ertönt eine Computerstimme. »Wenn Sie in Deutsch fortfahren wollen, drücken Sie die 1. Für Englisch die 2, für Türkisch…« Ich hämmere wie wild auf die Eins. Danach erfolgt die Ansage in einer Sprache, die ich noch nie gehört habe. Deutsch ist es jedenfalls nicht. Der Kollege, der für unseren Telefonwechsel zuständig ist, scheint auch das System der Firma eingerichtet zu haben. Hätte ich mir denken können. Ich lege auf. Beim nächsten Anruf erwische ich die deutsche Sprachführung. Gott sei Dank. »Wenn Sie eine Bestellung aufgeben möchten, drücken Sie die 1. Wenn Sie Fragen zum Status ihrer Bestellung haben, drücken Sie die 2. Wenn Sie Fragen zum Unternehmen Janis haben, drücken Sie die 3. Drücken Sie jetzt.« Was soll ich tun? Keine der Wahlmöglichkeiten verspricht Hilfe bei meinen Problemen. Ich lege auf und wähle erneut. Nach James Last und der richtigen Sprachwahl drücke ich die 4. »Sie werden mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden.« Endlich. »Bitte halten Sie die Lieferscheinnummer bereit.« Mist. Ich spurte die zehn Meter zum Wohnzimmer, wo ich den Karton deponiert habe. Als ich mit dem Lieferschein in der Hand halte, tutet das Besetztzeichen aus dem Handy. Mir fällt ein, dass er mir sowieso nichts genutzt hätte, da die Geräte ja für die Nachbarn bestimmt waren. Seltsamerweise komme ich bei der Bestellhotline sofort durch. »Janis, Ihr kompetenter Kommunikationspartner. Mein Name ist Robert Hansen. Was kann ich für Sie tun?« »Wenn Sie denken, dass ich Ihnen die Möglichkeit zur Nachbesserung gebe, drücken Sie die 1. Wenn Sie denken, dass ich sofort den Vertrag mit Ihrem Saftladen kündige, drücken Sie die 2. Wenn Sie denken, dass Sie sich den falschen Router umwickelt mit dem nicht verbundenen Telefonkabel in den Allerwertesten schieben können, drücken Sie die 3.« »Was ist denn nun mit unserem Telefon?«, fragt meine Frau wenig später. »Heute im Laufe des Tages läuft alles.« »Dann ist ja gut.« Hoffentlich stellt die Telekom nach meiner reuigen Kündigungszurücknahme die alte Verbindung so schnell wie versprochen wieder her. Ansonsten rufe ich die Service-Hotline an. Call-Center-Agenten fürchten mich.

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