Donnerstag, April 27, 2006

Big Pretender

Es gibt Menschen, die faszinieren mich durch ihre vollkommen andersartigen Denkprozesse im Kontrast zum Grossteil der Menschen, die ich kenne.

Mein Kumpel Markus ist so ein Mensch. Seine Lebensherausfordung lautet: Wie kann ich mir ein luxorioeses Leben ohne Kohle erlauben.

Na klar, sagt ihr: Weiss doch jeder Talkshowasi: auf Pump. - Markus ist aber cleverer. Er es sich zum System gemacht, Teile zu kaufen und nach kurz vor Ablauf der Garantiezeit wiederzugeben und sich das Geld zurueckerstattenzulassen.

Wirklich gewitzt, der Kerl. Letztes Jahr holte er sich im Fruehjahr einen Gartentisch, setzte sich landmaennisch in den Vorgarten und winkte den vorbeispazierenden Schülerinnen vom benachbarten Maedchengymnasium zu. Als die Wetterlage im Herbst rauer wurde, gab er das Teil zurueck und erhielt den vollen Einkaufspreis zurueck.

Vorgestern erzaehlte er mir fast hysterisch, dass es bei Moebel Otto in Borbeck Mountainbikes fuer 75 Ohren gebe. So eines wollte er sich zulegen und im Winter wieder retournieren. Heute rief er mich an, dass die Raeder rostig und angedellt gewesen waeren. Er hat sich dann lieber eins von Aldi fuer 170 Euro zugelegt. Top Qualitaet, wie er mir versicherte.

Ich habe mich dann aber gefragt, warum er sich ueberhaupt so guenstige Produkte zulegt. Wenn es quasi nur eine Art zinsloses Darlehen fuer das Geschaeft darstellt, warum nicht den Megakuechentisch mit Platinbezug oder das Mountainbike mit eingebautem Swimmingpool von Rolls Royce.

Ist also noch ausbaufaehig und nicht komplett durchdacht. Er fragte sich dann heute auch, ob er ueberhaupt ein Fahrrad brauche. Ja, wenn er eine Freundin kennenlernen wuerde, die gern Fahrrad fuehre. Dann sicherlich. Aber eigentlich saesse er lieber mit eine Flasche Wein am See. Ohne vorherige Fahrradtour. Man beachte den Konjunktiv.

Bei seinem Vermieter besitzt er uebriegens drei Parkplaetze. Einen fuer sein normales Auto, einen fuer den Firmenwagen und einen fuer die Freundin. Okay, Job und Beziehung hat er momentan nicht, aber koennte ja schnell passieren.

Diese Idee des Leihens von Gegenstaenden, die er im Grunde nicht braucht, stammt aber gar nicht von ihm. Ein Stubengenosse beim Bund war Vorbild. Der hat sich ueber die Sommersaison fuenf (!) Surfbretter geliehen, und diese am Strand neben sich aufgebaut, um Frauen zu beeindrucken. Surfen konnte er gar nicht. Aber danch hat auch keine gefragt.

Heute nachmittag faehrt Markus wieder nach Moebel Otto. Da gibt es Kaffe und Kuchen umsonst, und er laedt ein paar Damen ein, grosszuegig, wie er ist.

Ich frag mich nur, wie er sich auf die Art Lebensmittel ergaunern kann? Aber ich bin sicher, er findet einen Weg.

Ich hole jetzt gleich meinen Porsche Cabrio ab. Im Winter gebe ich ihn zurueck und fahre dann ein halbes Jahr Jaguar. Und dann? Ach, es gibt doch genug Autohersteller, bei denen ich noch nicht war.

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