Montag, September 16, 2013

Das rote Manifest der Fußballfreunde von Stephanie Ristig-Bresser




Prolog.

Michael: „Mit unserem 96-Buch und unseren Lesungen liefern wir einen Rundumschlag zu den Roten. Eigentlich ist doch jetzt alles gesagt, oder?"

Steffi: „Erstens gibt´s ja hier auf unserem Blog ständig was Neues und zweitens ist das überhaupt erst der Anfang von allem.“

Michael: „Was kann denn jetzt noch kommen…?“

Steffi: „Michael, denk mal mit. Der Ball ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. Wir schreiben ein Manifest! Ein rotes Manifest der Fußballfreunde von uns Roten. Aus Hannover für die ganze Fußballwelt! Frei nach Ernst Reuter können wir dann sagen: Fußballfreunde dieser Welt, schaut auf diese Stadt!!!“

Prolog Ende.


Okay, ein Manifest soll es werden. Ein rotes Manifest für unsere Roten. Aus alter roter Liebe heraus geschrieben. Wie beginnt man ein Manifest? Am besten mit einem Zitat von großen Menschen, die viele Menschen bewegten. Wie wär´s mit Tocotronic? Na bitte, wir sind so frei:

„Ich möchte Teil einer neuen Fußball-Bewegung sein.“
(Wort-Variation nach Tocotronic)

Die Faszination Fußball bewegt allwöchentlich und jedes Wochenende Millionen Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt – in den Stadien, auf den Bolzplätzen, beim Public Viewing, vor den heimischen Bildschirmen, unterwegs auf den Mobilgeräten. Während Politik viele kalt lässt, während Pastoren in leeren Kirchen predigen, ist Fußball in aller Munde – an den Stammtischen, beim Kaffeeklatsch, bei Business-Meetings, in den Soziale Netzwerken. Beim Fußball leben wir unsere Begeisterung aus, liegen uns in den Armen, trocknen unsere Tränen, feiern Siege, betrauern Niederlagen.

Gemeinsam geteilte Begeisterung erzeugt eine unglaubliche Kraft, einer Magie gleich, die Wunder vollbringen kann, die aus uns ein Wir macht. Damit können wir unsere Mannschaft zum Sieg tragen, werden zum Wir für unseren Verein – der Profi wie der Funktionär, der Fan wie der Journalist, der Sponsor wie der Vereins-Mitarbeiter. Lasst uns alle gut miteinander umgehen. Respektvoll. Jeder von uns hat seine Rolle und ist wichtig. Nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, führen wir unseren Verein zum Erfolg.

Liebe Fußballprofis, Helden und Hoffnungsträger,

Chapeau, ihr habt es geschafft und habt Eure Leidenschaft für den Sport zum Beruf gemacht – nicht nur mit Eurem Talent, sondern oft auf einem disziplinierten, hart erkämpften Weg. Toll, dass Ihr das gemeistert! Ihr steht im Rampenlicht, seid die Aushängeschilder des Vereins, seid unsere Vorbilder. Die Energie und Euphorie von uns Fans, unsere Sehnsüchte und Hoffnungen konzentrieren sich auf Euch. Das tut sicherlich gut, ist aber genauso oft schwer, mit diesen Energien umzugehen. Manch einem steigt das zu Kopf, einem anderen wird der Druck zu groß. Sorgt gut für Euch, schafft Euch Schutzräume, wenn Ihr sie braucht, bleibt Ihr selbst.

Und vergesst dabei nicht: Wir Fans brauchen Euch wir Ihr uns braucht. Deswegen hebt nicht ab, sondern bleibt in Kontakt mit uns. Und nehmt Eure Rolle als Vorbilder wahr: Wenn Ihr keine Gewalt im Stadion wollt, macht uns fairplay vor. Engagiert Euch auch neben dem Platz, sprecht nicht nur für Nutella und Milchschnitten, sondern macht uns auf Themen aufmerksam, denen wir uns als Gesellschaft annehmen müssen. Unsere Augen ruhen auf Euch!       

Liebe Journalisten, mentale Gatekeeper,
ihr erzählt die Geschichten rund um den Fußball, macht Meinungen macht, kreiert Images, baut Helden auf, zerstört Karrieren. Ihr seid mentale Gatekeeper, entscheidet, welche Geschichten sich in den Medien wiederfinden, an den Stammtischen weitergetragen werden, welche Bilder sich in unseren Köpfen einbrennen. Auch das ist eine machtvolle Aufgabe. Geht behutsam mit ihr um, auch wenn Ihr Quote machen müsst, gerade in Zeiten einer sich verändernden Medienwelt. Vergesst niemals, dass Ihr über Menschen schreibt, dass Ihr Geschichten produziert, die Konsequenzen haben.

Bleibt kreativ, seziert und repetiert nicht die ewig gleichen Stories. Schaut auch mal in andere Richtungen, amüsiert und unterhaltet uns gut, zeigt die schillernde Vielfalt, die die Faszination Fußball bereit hält – auch abseits des Platzes, ohne dabei gleich zu Paparazzi zu werden. Erkennt die Grenzen an und erspürt sie, die Privatsphäre, die auch jeder Prominente braucht, um Mensch bleiben zu können – und überschreitet diese Grenzen nicht.

Traut Euch als Meinungsmacher auch dazu, einmal Themen zu setzen, die nicht der vermeintlichen Mainstream-Erwartung eines Fußballfans entsprechen, erzählt Randgeschichten, beschreibt behutsam Typen, die weicher sind als die männlichen, scheinbar unkaputtbaren Bollwerke. Zeigt uns, dass Fußball auch weiblich ist. Dadurch verändern sich die Bilder in unserem Kopf, werden bunter  - und unsere Einstellung toleranter. Fordert uns ruhig! Wir Medienkonsumenten sind vielleicht aufgeschlossener als Ihr denkt.         

Liebe Funktionäre, Jongleure unserer Leidenschaft,

die Ihr den Ball am Laufen haltet, das Unternehmen Fußball UND den Verein zum Erfolg führt. Ihr habt einen verantwortungsvollen Job. In der Profiliga jongliert Ihr mit Millionen. Respekt! Und doch geht es im Unternehmen Fußball nicht nur um Gewinnmaximierung. Vergesst nicht: die heutigen Profiunternehmen sind aus Vereinen entstanden. Vereine werden beseelt durch Menschen, die diesem Verein Leben einhauchen. Einige dieser Seelen haben vielleicht weniger Geld, sie bezahlen dafür aber mit einer anderen Währung: Mit ihrer Leidenschaft, ihrem Engagement, ihrer Kreativität. Für diese besagten Seelen ist der Verein auch ein Stück Heimat. Das soll und muss so bleiben, auch wenn mancher Millionendeal finanziert werden muss. Hier lässt sich sicherlich an anderen Finanzschrauben drehen, nicht unbedingt an allen Ticketpreisen. Wir wünschen Euch ein glückliches Händchen bei dieser Jonglage!  

Liebe Fans, zauberhafte Möglichmacher,

der Schluss geht an uns. Ohne uns, ohne dass wir allwöchentlich die Stadien füllen, in den Kneipen, beim Public Viewing, zu Hause vor den Fernsehschirmen die Fußballspiele verfolgen, gäbe es diesen ganzen Zauber gar nicht. Lasst uns stolz auf uns gemeinsam sein und respektvoll miteinander umgehen! Dabei ist wichtig: Weder der Stadionbesuch, noch der Stehplatz in der Nordkurve, noch der Business-Seat machen uns zum „besseren Fan“. Wir sind gemeinsam und vielfältig für unseren Verein da – der VIP-Karteninhaber wie der Ultra, der Familienvater wie auch der, der nur gelegentlich den Weg ins Stadion findet. Unsere Vielfalt macht uns aus.
Lasst uns unserer Mannschaft treu bleiben – in guten wie in schlechten Zeiten, egal, ob es gerade regnet oder schneit. Gerade in Talsohlen sind wir als zwölfter Mann unglaublich wichtig. Denn wir wissen am besten, wie es geht, unsere Mannschaft zum Sieg zu tragen. Dabei kennt unsere Leidenschaft Grenzen: Niemals  üben wir Gewalt aus oder gefährden andere Menschen.

So, wie wir respektvoll miteinander umgehen, sollten wir auch tolerant mit unseren Profis und Funktionären sein. Auch sie haben mal gute und mal schlechte Tage. Wenn es mal nicht so läuft, sollten wir nicht gleich unsere Kinderstube vergessen. Leidenschaftliche Kritik ist gesund, aber bei all der Leidenschaft dürfen wir nicht vergessen, dass sie sich an Menschen richtet, die wir bewundern und vor denen wir eigentlich großen Respekt haben.

Respekt zollen wir selbstverständlich auch unseren Gegnern. Erstens macht es richtig Spaß, sich (mit einem Augenzwinkern) anzufrotzeln und zweitens braucht es ja Gegner, um sich zu messen und gewinnen zu können. Dabei können wir ruhig leidenschaftlich werden, die Grenze ist aber selbstverständlich bei jedweder Gewalt erreicht.

„Fußball ist nicht alles.“ Und vergessen wir nicht das Drumherum. Jedes Mal, wenn wir einen Gegner zum Heimspiel begrüßen, sind die Fans und die Mannschaft zu Gast in unserer Stadt, unserer Heimat. Lasst uns sie als Gäste begrüßen, vor oder nach dem Spiel einladen, unsere Stadt von ihren besten Seiten zu zeigen. Und wenn wir unsere Mannschaft zu einem Auswärtsspiel begleiten, ist das zugleich eine Einladung, nicht nur das Stadion sondern die vielen anderen Facetten dieser Stadt, deren Gast wir sind, kennen zu lernen.

Schließlich: Ein Fußballspiel setzt eine unglaubliche Energie und Euphorie frei. Wie es wohl wäre, wenn wir ein wenig von dieser Begeisterung in unseren Alltag zu transportieren? Lasst uns also Fußballfeste feiern, leidenschaftlich unsere Mannschaft anfeuern. Lasst uns in den Armen liegen, im Freudentaumel auf den Straßen tanzen, Tränen trocknen, Niederlagen meistern, Siege erringen. Und lasst uns genauso das Leben feiern  wie ein Fußballspiel. Mit all unserer Leidenschaft.  

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