Montag, April 29, 2013

And the winner is...

Gestern loste Glücksfee Marten die 3 Gewinner der Verlosung zum Welttag des Buches aus. Wir waren gespannt wie Flitzebögen auf Exstasy.

Wir legten Beethovens Neunte in den CD-Player, während Marten in Eisenbahnerkostüm folgende Namen aus der Trommel zog:

Gudrun Wierzoch, A.P. Glonn und Maria Wirtz.

Herzlichen Glückwunsch. Ihr bekommt Post.

Danke an alle für die Teilnahme. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal.

Ein Tässchen Brennnesseltee mit Cem Özdemir

Vor dem Eingang von Horsts Bude stehen eingetopfte Sonnenblumen. Das finde ich vernünftig. Im Roth Händle Qualm würde jedes Grünzeug ersticken. Dennoch finde ich es befremdlich, in Horsts Umkreis Pflanzen zu sichten.


»Moin, Horst. Bist du unter die Gärtner gegangen?«

Seltsamerweise habe ich heute freie Sicht. Keine Rauschwaden, es wurde auch frisch gelüftet.

»Möchtest du einen Yogitee, Bresser?«

»Was ist los? Ich mache mir wirklich Sorgen.«

»Weil ich mein Leben verändere? Du bist so eingefahren, dass du noch nie im Leben eine andere Sorge Klopapier gekauft hast, Bresser. Veränderungen bereichern das Leben.«

»Es kommt nur etwas plötzlich. Hast du eine neue Freundin?«

»Du Dünnbrettbohrer denkst auch nur an Sex. Ich habe meine politische Bestimmung gefunden. Cem Özdemir hat mich aufgeklärt.«

»Der Bundesvorsitzende der Grünen war bei Dir?«

»Nee. Nach der Bonusmeilenaffäre reist er nicht so gerne. Deshalb hat er nur angerufen. Ein integrer Mann. Da kann sich selbst Angie noch eine Scheibe von abschneiden.«

»Aber er hat doch einen Privatkredit von einem PR-Berater zu Geschenkkonditionen angenommen.«

»Du bist ein widerlicher Pharisäer, Bresser. Er wusste doch nicht, dass das politisch nicht astrein ist. Hat er später gespendet. Wir werden das noch mal bei einem Brennnesseltee beschnacken. Aber das Wahlprogramm ist Bombe.«

»Aha?«

»Wenn die Grünen stärkste Fraktion werden, wird der Liter Sprit 6 Euro kosten. Ist das nicht geil?«

»Ich bin aufs Auto angewiesen. Das könnte ich mir nicht mehr leisten.«

»Das ist mir so was von Latte. Ich habe noch nie einen Wagen besessen. Diese Turbökosteuer wird dazu verwendet, die Hartz-4-Sätze zu erhöhen, damit wir uns biologisch angebaute Produkte und fair produzierte Fahrräder leisten können. Ist das nicht fantastisch.«

»Sicher. Und was bleibt für die arbeitende Bevölkerung übrig?«

»Finanziell natürlich nichts, du Flachpfeife. Aber du hast ein ruhiges Gewissen, weil euer Sohn noch Frischluft atmen kann.«

Horst steckt sich eine Roth Händle an. »Außerdem sollte er nicht in meine Wohnung kommen.«

»Ich dachte, Cem hätte dich überzeugt, das Rauchen aufzugeben?«

»Nur der Wankelmut ist beständig, Bresser. Ich probiere jedes Weltbild begeistert aus, bevor ich es aufgebe. Prost.«

Donnerstag, April 25, 2013

FKK am Mittellandkanal

Horst hat seine Wohnung umdekoriert. Seit seinem Einzug verschönerte ein Bruce Springsteen Poster aus den 1970ern die Wohnzimmerwand. Nun hängen dort Bilder von nackten Menschen, Männern und Frauen. Aber nicht gerade Schönheiten aus dem Playboy. Eher Lieschen und Otto Müller vom Kiosk nebenan. Falten und Brauereigeschwüre in Nahaufnahme.




»Moin, Horst. Bist du unter die Voyeure gegangen?«, frage ich die Roth-Händle-Wolke um das Sofa, in der ich Horst vermute.

»Meinst du die Adams und Evas an der Wand? Wundert mich nicht, dass du auf schmutzige Gedanken kommst. Die Bilder gehören zur Geschäftsausstattung meines Unternehmens.«

»Unternehmen?«



»Mein Fallmanager hat mir mitgeteilt, dass ich schwer vermittelbar wäre. Zu individualistisch für den Arbeitsmarkt von Merkel-Deutschland. Ich solle mir meine Nische suchen und selber durchstarten.«

Horst taucht aus der Rauchwolke auf und öffnet eine Flasche Herri.

»Lass mich raten: Deine Nische heißt Aktphotographie.«



»Du denkst immer eindimensional wie ein Krokodilgehirn mit drei Zellen, Bresser. Mein Fallmanager hat sich richtig Mühe gegeben. Er hat mich gefragt, was ich am liebsten mache.«

»Rauchen?«

»Fast. Am liebsten sitze ich mit einer Flasche Bier in der Badewanne und höre Bruce Springsteen. Fand er gut. Da solle ich ein Unternehmen draus machen. Gibt auch Förderung von Vatter Staat.«

»Mir fällt kein Unternehmen ein, dass Geld mit Baden und Biertrinken verdient.«



»Liegt doch auf der Hand. Ich werde einen FKK-Badeclub eröffnen. Die Leute planschen auf meinem Areal und vernichten Unmengen an Bier, Cola und Thüringer Bratwürstchen. Mein Verdienst.«

»Es gibt hier aber kein Meer. Wo sollen deine Gäste baden?«



»Am Mittellandkanal. Das Gebiet ist von der Tourismusindustrie unentdeckt. Meine Chance.« Horst freut sich.

»Schreibt mir deine Frau einen Businessplan? Bezahlt das Amt. Die glauben an mich. Zum ersten Mal.« Horst kichert diabolisch. »Ich werde es euch allen zeigen.«



»Nur mal in den Raum geunkt. Könnte es nicht sein, dass es bisher keinen FKK-Club am Mittellandkanal gibt, weil es sich nicht rentiert? Und dein Fallmanager ist nur deshalb euphorisch, weil du aus der Arbeitslosenstatistik verschwindest.«

»Dein Pessimismus kotzt mich an, Bresser. Natürlich wird meine Geschäftsidee der Renner. Weißt du warum die Leute gerne FKK betreiben? Sie sind es leid, sich mit in vierter Welt gewebten Markenklamotten auszustaffieren. Bei mir können sie die Masken der Konsumgesellschaft fallen lassen und ganz sie selbst sein. Ich bin mir sicher: Dafür hopsen sie gerne nackt in den Mittellandkanal. Prost.«

Montag, April 22, 2013

Horst rettet den Flughafen Berlin

Als ich morgens das Treppenhaus betrete, weiß ich, dass hier etwas nicht stimmt. Gar nicht stimmt. Vor Horsts Tür steht eine Kiste Herri mit der Aufschrift »Wo Platz is‘«. Ich wusste bisher nicht, dass Bierflaschen traurig aussehen können. Nun weiß ich es.


Horsts Wohnungstür ist offen. Mit der Rot Händle in der Rechten versucht seine Linke das Sofa zu verrücken.

»Moin Horst, was ist denn los?«, frage ich in banger Erwartung.

»Die ARGE will mich töten. Ich soll umziehen.«

»In eine kostengünstigere Wohnung?«

»Nee, die 80 € Miete sind gerade noch okay, sagt mein Fallmanager. Die haben mir jetzt wirklich einen Job vermittelt. In Berlin. Ausgerechnet im ärmsten Mülleimer Deutschlands.«

»Als Stadt finde ich Berlin toll. Was sollst du denn machen?«

Horst hält mittlerweile die 3 Rot Händle in der Hand. Gleichzeitig.

»Ich hätte mir denken können, dass dir dieser Moloch gefällt, Bresser. Geh du doch! Ich liebe Hannover. Aber der Job ist schlimmer als die Stadt. Ich soll Hartmut Mehdorns Pressesprecher werden.«

»Wieso das? Braucht der keine –verzeih mir- kompetente Person?«

»Kompetenz war nie Einstellungskriterium der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH, du Flachpfeife. Nee, die haben festgestellt, dass dieses Milliardengrab auch 2020 noch nicht fertiggestellt wird. Das kann aber unmöglich Mehdorn der Öffentlichkeit mitteilen? Ergo…« Horst zeigt auf sich und wirkt noch kümmerlicher als sonst.

»Du sollst Mehdorns Glaeseker spielen. Den Depp, der alles verbockt hat«, stelle ich fest.

»Endlich raschelst du auch was. Ich soll sagen, dass ich die persönliche Verantwortung übernehme, und alle anderen Vollpfosten sind fein raus.«

»Aus ihrer Sicht ein logischer Schritt. Für dich ziemlich ätzend. Ich bin froh, dass ich noch keinen Flughafen in den Sand gesetzt habe.«

»Die Stelle wollte niemand haben. Also haben die ARGEs in ganz Deutschland einen Dödel ausgelost. Mich. Mein Inventar, als die Bierkiste im Flur und mein Sofa, werden noch heute abgeholt. Wegen der Dringlichkeit.«

»Hol dir doch ein Attest.«

»Ich bin kein Weichei wie du, Bresser. Ich möchte nur kein prekäres Arbeitsverhältnis mehr. Ist doch nicht schwer zu verstehen.«

Horsts Telefon klingelt.

»JA!«, bellt er in die Muschel. »Oh, das sind ja gute, äh schlechte Nachrichten. Würde mich freuen, wenn Sie das nächste Mal an mich denken.«

»Gott sei Dank.« Horst bekreuzigt sich und öffnet eine Flasche Herri.

»Was ist. Erzähl schon«, dränge ich.

»Ein Irrtum. Die haben diesen Piratenfuzzi Ponader auslost. Dem glaubt man eher, dass er den Flughafen verbockt hat. Ich sei zu intelligent. Ich bleibe hier.«

»Auch wenn ich nicht weiß warum, freut mich das«, bekenne ich.

»Freu dich nicht zu früh. Mein Fallmanager hat irgendwas von Stuttgarter Bahnhof gefaselt.«

Freitag, April 19, 2013

Welttag des Buches

Zum Welttag des Buches am 23.04. verlose ich 3 x 1 Exemplar meiner Bücher "Schwein gehabt", "Die Sau ist tot" und "Den Letzten beißt das Schwein". Bitte Mail bis 23.04. 23.59 Uhr an michael.bresser(at)blackpublications.de. Ich benachrichtige die Gewinner umgehend. Viel Glück und ein fantastisches Wochenende.

Donnerstag, April 18, 2013

Franziskus, der Underground-Pope

Horst sitzt morgens vor der Haustür und hält seine nackten Füße in die Sonne.


»Moin Horst, genießt du den Frühling?«

»Leck mich am Arsch. Frühling ist geil. Das Bier schmeckt frischer, die Kippen luftiger, Altes wird losgelassen, Neues kommt.«



»Wurde der Hartz-4-Satz um 50 Cent raufgesetzt?« Diese Euphorie kommt mir spanisch vor.

»Dein Materialismus kotzt mich an, Bresser. Deine Millionen nützen dir im Himmel nichts, oder wo auch immer du nach deinem Ableben auflaufen wirst. Wahrscheinlich gibt es ein Ressort für schwarze Seelen, wo sie dich und andere halbseidene Schreiberlinge wie Grass und Jaud für alle Ewigkeit Entschuldigungen auf Schiefertafeln kritzeln lassen: Ich schreibe keine schlechten Bücher mehr.«



»Ich wusste gar nicht, dass du überhaupt liest. Außer der BILD. Mal was Anderes: Warum trägst du eigentlich keine Socken?«

»Du stellst blöde Fragen, Bresser. Dieser Franziskus aus Rom wanderte die Straße entlang und wollte mir die Füße waschen. Der Bursche ist nicht dumm. Das hatte ich schon lange nötig.«

Horst Lügengeschichten nerven.

»Ich habe nirgendwo gelesen, dass sich der Papst in Hannover aufhält. Und warum sollte er ausgerechnet dir die Latscher säubern? Ein Achter im Lotto wäre da realistischer.«

Horst steckt sich eine Rot Händle an.



»Franziskus reist inkognito. Der legt keinen Wert auf Prunk und Presse. Du stehst im Aldi beim Bierregal, da kann dir Franziskus auf die Schulter klopfen und dich segnen. Du bist kurz davor, deine Kippe in die Botanik zu schmeißen. Auf einmal sieht dich Franziskus gütig an, und du schnippst sie lieber in den nächsten Abfalleimer. Der ist ein Guerilla-Pope, hat er mir erzählt. Ein echt Netter, nimm dir mal ein Beispiel an dem.«



»Will er sich denn auch um die dringenden Fragen der Gläubigen kümmern? Zölibat, Rolle der Frau, Verhütung oder Kindesmissbräuche?«

Horst knippst mit den Zähnen den Kronkorken einer Herri-Flasche ab.

»Du langweilst mich. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Das haben Franziskus und ich beschlossen.«



»Ihr Beide? Ich wusste nicht, dass du gläubig oder sogar katholisch bist.«

»Manchmal bist du einfach komisch, Bresser. Natürlich bin ich nicht gläubig. Katholisch schon gar nicht. Aber ich stehe auf nette Leute. Sich den Menschen widmen, die im Leben Pech gehabt haben. Da kriegt der Franziskus seine Chance, auch wenn er Papst ist. Wie sieht es mit dir aus, Bresser? Es ist Frühling. Darf ich dir die Füße waschen?«

Montag, April 15, 2013

Wein für Hartzer

Als ich morgens zur Arbeit will, steht Horst im Treppenhaus, und bläst Rot-Händle-Qualm gegen die Fensterscheibe.


»Du hast ihn verpasst«, faucht mein Nachbar.

»Moin, Horst. Wen habe ich verpasst?«

»Diesen SPD-Kasper, Steinbück oder so. Der hat mich besucht. Mit einem Kamerateam vom ZDF. Kann aber auch RTL 2 gewesen sein.«

»Steinbrück heißt er. Der Kanzlerkandidat der SPD. Was wollte er denn von di...r?«



»Der hat Wein mitgebracht, für zehn Euro den Bottich. Damit wir Hartzer auch mal was Vernünftiges trinken und unser Kreuz bei der nächsten Wahl an der richtigen Stelle machen.«

»Und, hat er dich überzeugt?«

»Absolut. Er hatte sämtlich Schriften von August Bebel auf seinem Laptop und konnte auf meine Fragen das entsprechende Zitat raushauen. Google macht’s möglich. Heute weiß ja keiner mehr, wofür die Sozialdemokraten einmal standen. Kann man ihn keinen Vorwurf draus machen.«



»Ich finde es schon sinnvoll, dass ein Politiker weiß, wofür er steht. Ist er bei dir auch in einen Fettnapf getreten?«

»So einen Schweinskram gibt es bei mir nicht, Bresser!«, ereifert sich Horst. »Nur ins Katzenklo. Ich konnte nicht aufräumen, weil er unangemeldet vor meiner Tür stand. Mit einem Zewa-Wisch haben wir das Malheur beseitigt. Das habe ich ihm auch für andere Pannen geraten.«

»Zewa-Wisch?«

»Es bleibt zwar immer was an ihm haften, aber vielleicht geben die ihm einen Werbevertrag. Wenn es mit Bundeskanzler nicht klappt. Ich persönlich sehe da schwarz. Habe ihn in den Arm genommen.«



Horst zaubert eine Flasche Pino Grigio aus der Jogginghose, entkorkt sie und nimmt einen Schluck.

»Lecko Pfanni«, rülpst er. »Der Steinbück versteht zu leben.«

»Du hast ihn getröstet? Der Mann will unser Land retten. Sollte der nicht eher dich trösten und dir Perspektiven aufzeigen?«

»Du jammerst wie der deutsche Spießmichel, Bresser. Der Steinbrück ist doch auch eine arme Seele. Wenn der die Merkel nicht ablöst, muss der von Stadtbücherei zu VHS tingeln und schlechtbezahlte Vorträge halten. Leben und Sterben als Kanzlerkandidat oder so. Da lebt es sich als Profihartzer schon besser: Ich bekommen immerhin zu jeder Wahl den Fusel frei Haus. Apropos: Weißt du eigentlich, was Grüne und Linke vorbeibringen?«

Donnerstag, April 11, 2013

Angie Merkel ist heiß

Ich streife durch die Stadtbibliothek und treffe Horst im Lesesaal. Er studiert intensiv die BILD.


»Moin, Horst. Was macht die Liebe?«

»Meinst du Sarah? Wir bleiben Freunde. Die wollte mich auf alkoholfreies Bier umstellen. Habe ich einen Tag versucht, dann habe ich Fussel im Bauchnabel bekommen. Das fand Sarah unattraktiv. Ich sollte meinen Körper mit Möhrensaft von innen reinigen. Die enthalten... auch kein Wasser, behauptet sie. Leider regiere ich auf Gemüse auch allergisch. Beim kleinsten Fitzel Grünzeug rezitiere ich Gedichte von Janosch Glicklich.«

»Janosch wer?«

»Ein polnischer Dichter, der seine Gedichte nach Mitternacht und zehn Flaschen Wodka aus dem Kopf gequetscht hat.«

»Lass hören.«

»Das willst du nicht wirklich. Sarah jedenfalls hat es nicht ausgehalten und ist geflüchtet. Jetzt bin ich wieder auf der Suche.« Er zeigt auf ein Foto. »Die Merkel finde ich nicht schlecht.«



»Das ist doch nicht dein Ernst. Die Frau ist verheiratet, hat Enkelkinder. Außerdem lässt sie Drohnen skrupelloser als Mata Hari morden. Röttgen, zu Guttenberg, Brüderle. Vertraute dieser Frau brauchen keine Feinde.«

»Du bist ein Waschlappen, Bresser. Das reizt mich doch gerade. Die Frau braucht einen Partner auf ihrem Niveau.«

»Und das bist du?« Andere Besucher des Lesesaals tuscheln. Ein Schüler fotografiert meinen Nachbarn mit dem Handy. Horst kippt sich Bier aus einer Thermoskanne in die Tasse.

»Wer sonst? Ich habe noch nie bei einer Dissertation geschummelt, bin nie aus Düsseldorf geflüchtet. Selbst für die Dauerkrise der FDP bin ich nicht verantwortlich. Leider.«



»Und war versprichst du dir von einer Beziehung mit Angela? Es gibt doch Millionen nettere Frauen.«

Horst steckt sich eine Rot Händle in den Mund.

»Hier ist Rauchverbot«, zischt ein Rentner. Horst zwinkert ihm zu.

»Ich bin Herr Merkel, der Mann der Kanzlerin.«

»Und wenn Sie Obama persönlich wären, hier wird nicht geraucht.«

Horst steckt die Zigarette wieder in die Schachtel.

»Die Welt ist nicht bereit für Horst Merkel. Wenn ich wenigstens von Angies Macht profitieren würde.« Er blickt auf das Wettergirl der BILD. »Eigentlich ist Krankenschwester Jacky aus Bitterfeld auch heißer.«



»Also suchst du dir eine andere Frau?«

»Vielleicht. Angie hat viele Qualitäten. Wir werden unzählige Nächte über Atomphysik und Politik schnacken. Macht und Russ-Meyer-Erotik brauche ich nicht. Nur Angie, Bier und intelligente Gespräche. Dann wird das was mit Deutschland.«

Montag, April 08, 2013

Ich atme nur Rot-Händle

Ich bringe Horst frische Brötchen vorbei. Die Wohnungstür ist geschlossen. Seltsam. Normalerweise lässt er sie angelehnt. »Wäre doch klasse, wenn Diebe meinen Müll mitnehmen. Nur das Leergut müssen sie da lassen. Habe ich aber zur Info einen Zettel drauf geklebt.« Jetzt ist sie geschlossen.
Horst öffnet mit griesgrämiger Miene.
»Hab schon gefrühstückt.« Er nimmt die Tüte und schmeißt sie in die Ecke. Im Wohnzimmer sehe ich auch den Grund. Eine brünette Zwanzigjährige im enganliegenden T-Shirt räkelt sich lasziv auf dem Sofa und nuckelt an einer Bierflasche.

»Das ist Sarah. Ich hatte dir von meiner Kontaktanzeige erzählt«, drückt ihr Horst einen fetten Schmatz auf die Stirn.
»Hi«, begrüßt sie mich. »Horst ist so charmant. Mein großes Los.«
»Horst hat wirklich alles Glück der Welt verdient«, sage ich.
»Er hatte eine Menge Pech im Leben. Ich habe noch niemanden mit Wasserallergie kennengelernt, der nur Bier trinken kann. Auch seine Sauerstoffintoleranz ist ein schreckliches Leiden. Ich würde es nicht schaffen, nur Rot Händle zu atmen.«
»Er hat ein wirklich schweres Leben«, seufze ich mit. »Er wollte Light-Zigaretten rauchen, aber der Arzt hat ihm die härtesten Lungentorpedos verschrieben. Wer’s glaubt, ist weit von der Seligkeit entfernt.«

»Habe ich es dir nicht gesagt, Schatz«, sagt Horst und grinst wie Buddha im Nirwana. »Mein Nachbar ist der Bedauernswerte in unserem Haus. Zum Glück therapiere ich ihn wegen seiner deprimierenden Weltsicht, seinem Hang, andere schlecht zu machen, und seiner verbalen Inkontinenz. An diesen kläglichen Versuchen, ironisch zu sein, werden wir arbeiten, Bresser.«

Donnerstag, April 04, 2013

Horst sucht eine Frau

Ich bringe Horst Salat vom Mittagessen in seine Dachwohnung. Vitamine braucht der Mensch, auch Horst.


Ich finde unseren Nachbarn auf dem Sofa vor. Auf dem Wohnzimmertisch hat er eine Pyramide aus Bierflaschen aufgebaut. Die vollen Kelche stehen unten. Horst-Logik. Auf den Knien balanciert er ein Laptop. Habe ich noch nie bei ihm gesehen.



»Der Abfalleimer steht in der Küche.« Er zeigt missmutig au...f den Salat und zündet sich eine Rot Händle an.

»Wir wollten dir was Gutes tun. Vom Bier alleine kann kein Mensch überleben.«

»Eine skurrile Theorie, Bresser, beim Denken hast du wenig Glück. Davon abgesehen: Um mich braucht sich keiner zu kümmern. Und daher suche ich mir jetzt eine Freundin.«

»Aha. Die kümmert sich nicht um dich?«

»Du hast zwar eine nette Frau, aber trotzdem nicht die Basis der Liebe verstanden. Man sollte keinen Partner suchen, um Leere und Defizite in seinem Leben auszufüllen. Diese Beziehungen sind zum Scheitern verurteilt. Ich bin eine glückliche, in mir ruhende Persönlichkeit, die meine andere Kugelhälfte zur Ergänzung sucht. Dann ist der Erfolg vorprogrammiert. Lies mal Platon.«



»Und wie willst du an deine Kugelhälfte kommen?«

»Parship. Ich habe ein Profil erstellt und nun rennen mir die Bunnies die Bude ein.«

Als Portrait verwendet Horst ein Foto von Johnny Depp mit dem Hinweis »Habe ich in alten Unterlagen gefunden. Kein Plan, wann das aufgenommen wurde.«

»Findest du es gut, in eine neue Beziehung mit einer Lüge zu starten, Horst?«



Dieser antwortet nicht, sondern versucht ein volles Bier aus seiner Pyramide herauszufischen, ohne das Konstrukt einstürzen zu lasen.

Der Vorstellungstext ist nicht weniger angeberisch.

»Norddeutscher Privatier, in allen Sparten der Wirtschaft bewandert, sucht ebenso solvente Sie, mit der er die Freuden des Alltags genießen kann. Es würde mich in Ekstase versetzen, mit dir in New York zu shoppen, die Wagnerspiele zu rocken oder einfach mal lässig in Sidney abzuchillen.«



»Spätestens wenn eine deiner Eroberungen diese Wohnung sieht, läuft sie weg.«

Die Pyramide kracht zusammen. Die Flaschen bleiben aber seltsamerweise heil. Trotzdem flucht Horst wie ein mit Adrenalin gedopter Rohrspatz.

»Du hast das System nicht verstanden, Bresser. Nur Blöde stehen auf Angeber, auch wenn alles der Wahrheit entspricht. Aber die intelligenten Zuckerschnäuzchen, die nicht antworten, die gehören mir. Halali.«

Dienstag, April 02, 2013

Horsts Eier werden gequetscht

Als Frau und Sohn zum Spaziergang aufbrechen, klingelt es an der Tür. Horst stürmt herein, im Mund die obligatorische Rot-Händle-Kippe, die unseren Flur sofort in dichte Rauchschwaden hüllt.


»Moin, Horst. Darf ich dich auf den Balkon bitten. Bei uns lebt ein Kind.«

»Deine Probleme möchte ich haben, Bresser«, grunzt Horst, läuft aber brav zum Balkon.



»Die habe mich am Arsch«, eröffnet er mir im Freien.

»Wer, warum, wie?«, fragte ich verwirrt.

»Ich haben einen Strafbefehl über 50.000 Euro erhalten. Die haben mich richtig an den Eiern und quetschen sie, bis ich vor Schmerzen kapituliere.« Er blickt über die Brüstung. »Wie hoch ist es eigentlich bis unten?«

»Mach keinen Mist, Horst.« Ich ziehe ihn vom Balkonrand weg. »Erzähl doch mal von Anfang an.«



»Was gibt es da groß zu erzählen? Bestechlichkeit im Amt. Groenewald soll 30 Riesen zahlen, Krischi Wulff 20. Bei mir machen Sie ein Fass auf und wollen 50. Kannst du mir was leihen?«

Ich öffne mein leeres Portemonnaie und halte es ihm vor die Nase.

»Sorry. Aber was hast du mit unserem ehemaligen Bundespräsidenten zu tun? Wo hast du dich bestechen lassen?«

Horst wird mir immer rätselhafter.



»Du kennst mich erst seit ein paar Wochen. Aber du musst nicht glauben, dass mir immer wie jetzt die Sonne aus dem Arsch schien. Vor zwei Jahren habe ich zufällig vor Wulffs Butze in Großburgwedel auf dem Bürgersteig übernachtet. Sein Chauffeur hat mich gesehen und weiterpennen lassen. Das war es.«

»Und Dein Vorteil?«

»Ich habe nichts Negatives über Wulff als Chefredakteur in meiner Obdachlosenzeitung Asphaltbote geschrieben. Da drehen die mir jetzt einen Strick draus. Aus dem Bürgersteig wurde in der Anklage die Honeymoon-Suite im Ritz-Carlton. Aus dem vertrockneten Brötchen, das ich Wulffs Tauben geklaut habe, wird ein Vier-Gänge-Menü bei Lafer. Der Dreck an meinen Klamotten stammt von einer Champagnerdusche mit Betti.«

»Alles gelogen«, stelle ich fest. Horst steckt sich eine neue Rot Händle zwischen die Lippen.



»Irgendjemand hat mich bei der BILD denunziert. Angeblich habe ich Kai Diekmann gedroht, ihm mit seinem Schmierblatt die Hühnerbrust zu branden.«

»Ein infame Lüge.«

»Nee, das stimmt. Aber dafür sollte man mir 50.000 zahlen, oder.«

»Und nun?«, frage ich.



»Du kennst dich doch mit Medien aus, Bresser. Ich verkaufe meine Story an die Praline. Die setzen mir barbusige Dekobunnies in die Butze. Mit denen fliege ich nach Begleichung meiner Schulden nach Saint Tropez und lasse auf Kosten der Zeitung die Sau raus. Was hältst du davon?«

»Du fährst, wenn auch unabsichtlich, den Karren in Dreck und profitierst noch davon? Fühlt sich für mich nicht richtig an.«



Horst blickt mich verächtlich an. »Dir fehlt jeglicher Weitblick. Nutze das Böse zu deinen Gunsten, so dass es sich ins Gegenteil umkehrt. Ich lasse mir viel nachsagen, aber nicht, dass ich dümmer bin als Christian Wulff.«

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